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"Straßenbau und Naturschutz zusammen denken"

Da der Bau neuer Straßen immer auch mit einem Eingriff in die Natur verbunden ist, investiert das Land in verschiedene Naturschutzprojekte. Durch die Einführung eines „Ökokontos“ ist es jetzt auch möglich kontinuierlich größere Projekte zu unterstützen. Markus Rösler, Naturschutzpolitischer Sprecher erklärt wie das funktioniert.

Ökologischer Straßenbau - geht das überhaupt?

Markus Rösler: Straßenbau ist zunächst ein Eingriff in die Natur. Die Verwaltung versucht bereits bei der Planung sicherzustellen, dass diese möglichst gering ausfallen. Das Land gleicht sie aus, indem es an anderer Stelle in Naturschutzprojekte investiert.
Seit 2011 gibt es einen neuartigen Ansatz im Land, der solche Ausgleichsaktionen effizienter handhabbar macht und ihren naturschutzfachlichen Wert erhöht. Das Land beauftragt die Flächenagentur Baden-Württemberg GmbH, die zentral die erforderlichen Ausgleichsprojekte organisiert - z.B. die Renaturierung von Fließgewässern.
Dafür erhält das Land so genannte Ökopunkte, die auf einem Ökokonto für zukünftig benötigte Ausgleichsprojekte zur Verfügung stehen. Dadurch kann die Flächenagentur flexibel planen: Früher hat man für den Ausbau einer Landesstraße nur im genau erforderlichen Maß ein paar Trockenmauern gebaut und fertig. Daraus ist ein Flickenteppich von Naturschutzprojekten entstanden, die keiner übergeordneten Strategie folgten. Durch das System des Ökokontos ist es jetzt möglich, kontinuierlich an großen Projekten zu arbeiten. Das entlastet auch die Straßenbauverwaltung, da sie die Ausgleichsmaßnahmen an die Flächenagentur abgibt.

Welche Ausgleichsprojekte gibt es?

Die Flächenagentur hat über Ökokontoaktionen z.B. Weinberg-Trockenmauern saniert und Ackerflächen in Wiesen oder Erlen-, Eschen- und Eichen-Hainbuchenwald umgewandelt. 
Viele Ökopunkte fließen außerdem in die Moorschutzstrategie der Landesregierung. Im Naturraum „Voralpines Hügel- und Moorland“ werden viele Moorlandschaften renaturiert. Der Schutz von Mooren trägt wesentlich zum Schutz des Klimas, des Moorbodens und des Grundwassers sowie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei. In einen solchen Schwerpunkt zu investieren macht ökologisch mehr Sinn, als jedes Straßenbauprojekt einzeln mit Kleinprojekten auszugleichen.
Auch die Neuanlage von Streuobstwiesen – zwingend verbunden mit einer garantiert 30jährigen Pflege, ist eine sinnvolle Ausgleichsmaßnahme.

Was tut die Landesregierung außerdem im  Naturschutz zum Ausgleich des Straßenbaus?

Wir tun viel, um eine „grüne Infrastruktur“ herzustellen. Das bedeutet, die Verkehrswege so zu gestalten, dass Wanderkorridore und Lebensräume wilder Tiere erhalten bleiben. Dafür werden Grün- oder Landschaftsbrücken gebaut, die es Luchs und Wildkatze, Amphibien und Reptilien, Laufkäfern und anderen Tieren ermöglicht, Autobahnen, Bundesstraßen oder Bahnstrecken zu überqueren. 
Zusätzlich baut das Land Amphibien- und Kleintierdurchlässe, die eine gefahrlose Überquerung der Straße ermöglichen sowie Leiteinrichtungen, die parallel zur Straße verlaufen und die Tiere zu diesen hin führen.
Daneben legt die Straßenbauverwaltung sogenanntes „Straßenbegleitgrün“ an. Das sind Gras- und Gehölzflächen an den Rändern von Straßen, die als Lebensraum und Rückzugsort für viele Tiere und Pflanzen dienen können. Bei der Pflege dieser Flächen wird z.B. durch gezieltes Stehenlassen einzelner Bäume auch vermehrt auf die Erhaltung der Artenvielfalt geachtet.
Das alles zeigt: Straßenbau und Naturschutz lassen sich durchaus miteinander vereinbaren. Trotz der Gegensätze ist es möglich, beides zusammen zu denken.