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Alle wichtigen Infos zum geplanten Nationalpark

1) Worum geht`s? Die grün-rote Landesregierung stärkt den Naturschutz. Ein zentraler Baustein einer erfolgreichen Naturschutzpolitik ist unser Ziel, einen Nationalpark im Nordschwarzwald einzurichten. Ein Nationalpark im Nordschwarzwald dient den Zielen der Nationalen Biodiversitätsstrategie: Zwei Prozent der Landesfläche, ca. 10 Prozent der Wälder in Bundes- bzw. Landeseigentum sollen aus der Nutzung genommen werden, um die damit verbundene Biologische Vielfalt zu erhalten. Gleichzeitig sichern wir damit die Möglichkeit, insbesondere Pflanzen- und Pilzarten zu identifizieren, die wichtig für Erkenntnisse in der Pharmazie, aber auch in der Bionik (Technik durch Lernen von der Biologie) bis hin zum Maschinenbau sind. Nationalparke sind gleichzeitig eine Chance für zusätzliche Arbeitsplätze, sei dies im Tourismus, in der Lebensmittelversorgung, im Handwerk oder in der Umweltbildung. Ein Nationalpark im Nordschwarzwald stärkt zudem den vorhandenen Naturpark Schwarzwald Mitte-/Nord. Seit Sommer 2011 hat Grün-Rot daher einen für Nationalparke in ganz Europa einmaligen Be-teiligungsprozess gestartet. Seit 8.4.2013 liegt ein umfassendes Nationalpark-Gutachten vor: Kurzfassung des Nationalpark-Gutachtens finden Sie hier:  Botschaft: „Vision Wildnis ist zugleich Vision Wirtschaft“ 2) Ziele eines Nationalparks – Naturschutz und Naturerlebnis Nationalparke dienen dem Ziel „Prozess-Schutz“. Das bedeutet, dass vergleichsweise großflä-chig natürliche Dynamik und natürliche Prozesse geschützt werden. Es geht dabei nicht darum, bestimmte Arten zu schützen („Artenschutz“). Es geht darum, diejenige biologische Vielfalt zu schützen, die dort existiert, wo dauerhaft, also im Endeffekt über Jahrhunderte kein Eingriff des Menschen erfolgt. Das Motto lautet daher: „Na-tur Natur sein lassen“. Anders formuliert: Wir nehmen unsere Verantwortung für unser Naturer-be, für unsere Schöpfung ernst. Da solche „Labore der Natur“ in Europa kaum existieren, in denen über Jahrhunderte keine Nut-zung stattfand, wissen wir auch nicht, wie sich Pflanzen- und Tierwelt entwickeln werden. Es geht im Nationalpark auch nicht um richtige oder falsche, um gute oder schlechte Entwicklun-gen. Das Wort „Katastrophe“ stammt vom Menschen. Windwürfe, Lawinen, Borkenkäfer- und Wildverbiss, Schneebruch und Hochwasser sind Bestandteil natürlicher Prozesse. Nationalparke sollen nach internationalen und nationalen Kriterien als Naturerlebnisraum und Orte der Forschung dienen. Daher gehören selbst in den streng geschützten Kernzonen der Nationalparke Wege für Besucher zwingend zum Konzept dieser Schutzgebiete. Es geht sogar darum, möglichst vielen Menschen zu zeigen und zu erklären, wie sich die Natur ohne menschliche Eingriffe entwickelt. Natürlich muss z.B. bei der Wege- oder Loipenführung darauf geachtet werden, dass diese nicht quer durch die Brutgebiete seltener Vogelarten führen. Zahlen aus dem Gutachten: Von 460 Rote-Liste-Arten, die im Suchraum des Nationalparks vorkommen, profitieren 206 durch die Umsetzung von Prozessschutz. Bei 53 Rote-Liste-Arten ist eher ein Rückgang zu er-warten. Obwohl die Frage der Artenzahl für einen Nationalpark nicht entscheidend ist (s.o.), zeigt sich durch das Gutachten, dass es eine große Anzahl von Arten gibt, die auf die natürli-chen Prozesse und damit insbesondere hohes Alter der Bäume angewiesen sind und ohne die-ses Angebot nicht oder seltener vorkommen. Botschaft:  „Natur Natur sein lassen“ 3) Warum ein Nationalpark in Baden-Württemberg? Gemäß der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern sind die Länder für Naturschutz zuständig. Der Bund dürfte noch nicht einmal Personal für Nationalparke bezahlen! Es ist Aufgabe des Landes Baden-Württemberg, zu prüfen, ob in unserem Land ein National-park möglich ist. Neben Baden-Württemberg gibt es in Deutschland nur in den Flächenbundes-ländern Rheinland-Pfalz und Saarland keinen Nationalpark. Derzeit wird aber in Rheinland-Pfalz bzw. im Saarland ein länderübergreifender Nationalpark im Hunsrück geplant. Unabhängig davon gilt: Global denken, lokal handeln. Wir sollten nicht von Ländern wie Brasilien den Schutz natürlicher Regenwälder und damit Nationalparke fordern, solange wir nicht vor der eigenen Haustüre die Biologische Vielfalt auch unserer Wälder schützen. Botschaft: „Global denken, lokal handeln“ 4) Warum ein Nationalpark im Nordschwarzwald? Für Nationalparke benötigen wir überwiegend naturnahe, weitgehend unzerschnittene Flächen, die sich völlig oder überwiegend im Besitz der öffentlichen Hand befinden. Diese Kriterien erfüllt in Baden-Württemberg nur der Nordschwarzwald.  Botschaft: Wenn es einen Nationalpark in Baden-Württemberg gibt, dann im Nordschwarzwald. Dort oder nirgends im Ländle. 5) Ein Entwicklungsnationalpark – Was ist das? 1997 definierten die europäischen Vertreter der weltweiten Schutzgebietskommission WCPA (World Commission on Protected Areas), die zur IUCN gehört, die Möglichkeit von „Entwick-lungsnationalparken“: Bis zu 30 Jahre nach Gründung eines Nationalparks dürfen übergangsweise Maßnahmen durchgeführt werden, die eine größere Naturnähe des Gebietes befördern. Das kann die Wiedervernässung von Mooren, der Waldumbau oder die Entsorgung von Altlasten sein. Nach 30 Jahren müssen mindestens 75% der Fläche eines Nationalparks ohne Nutzung sein („Kernzone“). Bis zu 25% der Fläche dürfen dauerhaft naturnah genutzt werden – im Nordschwarzwald sind dies z.B. die „Grinden“, traditionell beweidete Hochflächen. Seit 2002 hat diese Möglichkeit auch Einzug ins Bundesnaturschutzgesetz gefunden. Für den Nordschwarzwald bedeutet dies die Möglichkeit, auf nennenswerten Teilen des Nationalparks noch 30 Jahre Waldumbau zu betreiben – insbesondere die Tanne zu stärken. Auch daher ist ein Vergleich Bayerischer Wald (1970 ausgewiesen mit Tausenden von Hektar naturferner, gleichaltriger Fichtenwälder, kein Waldumbau) mit dem Schwarzwald (evtl. 2014 ausgewiesen, Waldumbau läuft seit Jahrzehnten und würde bis 2044 möglich sein) überhaupt nicht vergleichbar – das wäre Äpfel mit Kokosnüssen verglichen! Zahlen aus dem Gutachten: Die Fichte wäre natürlicherweise mit 18% der Bäume im Suchraum vertreten. Bezogen auf die Flächen würde sogar auf jedem zweiten Hektar, also auf 50% der Bestände Fichten vorkom-men. Es geht daher nicht darum, die Fichte auszurotten, sondern die anderen Baumarten wie die Tanne und Buche zu stärken. Botschaft: Entwicklungsnationalpark heißt behutsamer Übergang zur Nullnutzung. Und: Schwarzwald und Bayerischer Wald sind nicht vergleichbar. 6) Die Kriterien 2008 haben alle 16 Bundesländer den von Europarc Deutschland, den 14 deutschen Nationalparken, dem Bundesamt für Naturschutz und dem Bundesumweltministerium erarbeiteten „Qualitätskriterien und –standards für Nationalparke in Deutschland“ zugestimmt. Darin gibt es detaillierte Vorgaben. U.a. müssen Nationalparke mind. 10.000 ha groß sein (Aus-nahmen sind gut zu begründen, was im Nordschwarzwald angesichts der deutlich größeren Suchkulisse nicht möglich ist). Die Verwaltungen sind als eigenständige Sonderbehörden direkt der Obersten Naturschutzbehörde des jeweiligen Bundeslandes zu unterstellen. Ein nachhaltiges Mobilitätskonzept gehört ebenso zum Aufgabengebiet der Nationalparkverwaltung wie eine hauptamtliche Nationalparkwacht/Schutzgebietsbetreuung, Qualitätskriterien und –standards für Nationalparke in Deutschland: http://www.europarc-deutschland.de/wp-content/uploads/2012/08/2008_Qualitaetskriterien_und_-standards_fuer_deutsche_Nationalparks.pdf Botschaft:  Pacta sunt servanda – Kriterien für Nationalparke sind einzuhalten 7) Nationalpark als Naturlandschaft statt Biosphärengebiet oder Naturpark Plus als Kulturlandschaft In Biosphärengebieten oder Naturparken geht es um Kulturlandschaften: Orchideenwiesen, Wa-cholderheiden, Streuobstwiesen, naturnahen Waldbau, Steillagen-Weinbau…. – und um regionale Wirtschaftskreisläufe, also die Vermarktung regionaler Lebensmittel und Rohstoffe. In Nationalparken geht es um das Ziel einer Naturlandschaft. Die Ziele eines Nationalparks als ungenutzter Naturlandschaft widersprechen damit den Zielen in Kulturlandschaften und können daher mit einem Biosphärengebiet oder einem Naturpark nicht erreicht werden. Aber der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord soll den Nationalpark im Nordschwarzwald umgeben und wird vom Image und der Attraktivität der Marke Nationalpark profitieren – evtl. auch als Nationalparkregion. Auch in dem geplanten Nationalparkrat soll der Naturpark vertreten sein. Botschaft: Nationalpark ist Wildnis, Naturpark ist Kultur. Beides zusammen ist besonders attraktiv!