„Wir haben verstanden“

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Landtag Baden-Württemberg

Fraktionsvorsitzender Andreas Schwarz zur Ausstattung und Altersversorgung der Abgeordneten: Die Fraktionen von Grünen, CDU und SPD im Landtag von Baden-Württemberg haben sich am 14. Februar darauf verständigt, die am 10. Februar beschlossene Wahlmöglichkeit für eine staatliche Altersversorgung der Abgeordneten wieder aufzuheben. Stattdessen soll auf unseren Vorschlag hin eine unabhängige Expertenkommission feststellen, welche Altersversorgung für Landtagsabgeordnete heute zeitgemäß ist. Wir Abgeordnete haben in den vergangenen Tagen viel Kritik und Unverständnis für den ursprünglichen Beschluss erfahren. Wir haben einen politischen Fehler gemacht. Wir haben die Kritik aus der Bürgerschaft verstanden und deshalb das Gesetz gestoppt. Rücknahme der Einführung einer staatlichen Altersversorgung Die Landtagsfraktion der Grünen hat sich bei den an diesem Gesetzesbeschluss zur Altersversorgung beteiligten Fraktionen von CDU und SPD dafür stark gemacht, die Änderung des Abgeordnetengesetzes zurückzunehmen und zügig eine unabhängige Expertenkommission einzusetzen. Diese Kommission wird die Fragen der Altersversorgung der Abgeordneten diskutieren und bewerten. Die Empfehlungen der Kommission werden öffentlich vorgestellt und anschließend im Landtag öffentlich beraten. Die bisherige Regelung, nach der die Abgeordneten privat für das Alter vorsorgen müssen, bleibt in Kraft. Dafür erhalten sie vom Landtag eine zu versteuernde Vorsorgeleistung in Höhe von monatlich 1.679 Euro. Auf Augenhöhe mit der Regierung und nah an der Bürgerschaft Die Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch auf Abgeordnete, die unabhängig und auf Augenhöhe mit der Regierung arbeiten, die Regierung kontrollieren und ihr Haushalts- und Gesetzgebungsrecht kompetent wahrnehmen können. Und die Bürgerschaft hat einen Anspruch auf Abgeordnete, die in ständigem und engem Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern stehen. Um allen diesen Aufgaben gerecht werden zu können, erhalten die Abgeordneten die Kosten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis zu einem Höchstbetrag von derzeit 5.409 Euro erstattet und zusätzlich eine Kostenpauschale von 1.548 Euro für die Wahlkreisarbeit. Bessere Ausstattung für gut funktionierende Abgeordneten- und Wahlkreisbüros Diese Pauschalen wurden mit der Änderung des Abgeordnetengesetzes vom 10. Februar auf die Hälfte der Sätze beim Deutschen Bundestag erhöht: 2.160 Euro für die Kostenpauschale und bis zu 10.435 Euro für die Beschäftigung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Abgeordnete sollen künftig zwei qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigen können, damit sie den zahlreichen Aufgaben und Bürgeranliegen gerecht werden und ein Wahlkreisbüro mit regelmäßigen Öffnungszeiten unterhalten können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen für gute Arbeit fair, ordentlich und angemessen bezahlt werden. Die Kostenpauschale  für die Wahlkreisarbeit bekommen die Abgeordneten ausbezahlt. Die Gehälter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hingegen werden diesen direkt vom Land überwiesen. Abgeordnete haben darauf keinen Zugriff. Selbstbefassung bedeutet nicht „Selbstbedienung“ Wir Abgeordnete müssen nach der Verfassung und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über unsere Angelegenheiten selbst entscheiden. Nur das Parlament selbst kann daher nach öffentlicher Debatte die Entschädigung, Altersversorgung und Ausstattung der Abgeordneten beschließen. Dabei  ist immer schnell von „Selbstbedienung“  die Rede. Eine Kritik, die verständlich, aber nicht zutreffend ist. Allerdings besteht dabei die Gefahr, dass wir Abgeordnete bei der Festlegung unserer Ausstattung und Altersversorgung zu sehr auf unsere Interessen schauen. So haben wir es am 10. Februar versäumt, auf die Altersversorgung der Bürgerinnen und Bürger zu schauen und deren Sorgen in unsere Entscheidung einzubeziehen. Das war ein Fehler. Die Reaktion auf die geplante Neuregelung der Altersversorgung der Abgeordneten hat uns gezeigt, dass wir den kritischen Blick von außen benötigen. So erhoffen wir uns von der unabhängigen Kommission die Expertise für eine tragfähige und gerechte Lösung in diesen Fragen. Selbstkritik und neuerliche öffentliche Beratung Die Anrufe und Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern und Verbänden waren deshalb sehr wichtig für uns. Selbstkritisch müssen wir sagen, dass es gut gewesen wäre, die Änderungen des Abgeordnetengesetzes nicht in dem Tempo im Landtag zu behandeln, wie das im Zuge der Haushaltsberatungen Anfang Februar passiert ist, sondern unsere Motive zu erklären und in eine Diskussion mit der Öffentlichkeit einzutreten. Vertrauen zurückgewinnen Dem Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach Diskussion einer angemessenen Ausstattung ihrer Abgeordneten wollen wir nun mit der Kommission und anschließend mit einer ausführlichen öffentlichen Diskussion, Bürgerbeteiligung und schließlich mit der öffentlichen Beratung im Landtag gerecht werden. Wir hoffen, damit ein Stück weit wieder gut machen zu können, was in dem schnellen Gesetzgebungsverfahren der vergangenen Woche auf der Strecke geblieben ist, und Vertrauen zurückzugewinnen.