Klima und Energie

Walter: Groko unterschlägt EU-Vorgaben für klimafreundliche Gebäude

Stuttgart – Der Umweltexperte der Landtagsgrünen, Jürgen Walter, wirft der Bundesregierung vor, beim Klimaschutz den Gebäudesektor unter den Tisch zu kehren. „Die Wärmedämmung ist der tote Winkel der Berliner Klimapolitik. Bereits seit Anfang 2019 hätte die Bundesregierung eine EU-Vorgabe von 2010 für neue Gebäude der öffentlichen Hand mit besseren Energiestandards umsetzen müssen - doch bislang ist nichts geschehen. Dabei sollten CDU und SPD endlich verstehen: Klimaschutz beginnt nicht nur vor der eigenen Haustür, er fängt im eigenen Haus an – bei modernen Wänden, Decken und Heizungen“, sagt Walter.

Im Mittelpunkt der Kritik steht die EU-Gebäuderichtlinie, die 2010 veröffentlicht und 2018 überarbeitet wurde. Sie setzt die Energiestandards für Gebäude bis zum Jahr 2030. Ziel ist es, größere Einsparungen beim größten Energieverbraucher in der Union - dem europäischen Bausektor - zu erzielen. 

Die Mitgliedsstaaten hatten die Aufgabe, einen Niedrigstenergiestandard zu definieren, der für alle Neubauten der öffentlichen Hand ab Anfang 2019 gelten sollte. Für private Neubauten sollte die Richtlinie ab 2021 umgesetzt werden. Von der Gebäuderichtlinie verspricht sich die EU unter anderem die Energieeffizienz neuer Gebäude zu verbessern. Mehr energieeffiziente Gebäude könnten einen wichtigen Beitrag leisten, um den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoß erheblich zu senken, so Walter. Energieeffizienz bedeutet, dass derselbe Nutzen mit weniger Ausgangsenergie erreicht wird.

„Die Bundesregierung doktert noch immer an einem Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz herum. Vielen Experten sind die vorgeschlagenen Vorgaben zu lasch: Die Standards reichen nicht aus, damit der Gebäudebestand bis 2050 klimaneutral wird“, sagt Walter. Dies zeige erneut, wie wenig die Groko den Klimaschutz ernst nehme. 

„Ich bin froh, dass die Bundesregierung beim Klimaschutz unter Druck steht. Während Merkel mit dem Klimarat ein Showgremium eingesetzt hat, versagt ihre Regierung aber an Stellen, wo sie liefern könnte – die fehlende Umsetzung der EU-Richtlinie ist ein Beispiel“, sagt Walter. 

Baden-Württemberg hingegen würde bei den landeseigenen Neubauten den von der EU geforderten Niedrigstenergiestandard erfüllen, hebt Walter hervor. „Baden-Württemberg geht beim Thema Energieeffizienz vorbildlich voran und baut selbst nach den höchsten Standards“, sagt er. „Das Land zeigt, wie es geht: Dächer und Wände mit moderner Wärmedämmung verpacken und neue Behördengebäude mit Photovoltaik ausstatten.“

Das Land hatte im Jahr 2014 für den Bau von landeseigenen neuen Gebäuden eine strenge Regelung eingeführt: Grundsätzlich müssen Neubauten so errichtet werden, dass die Gebäudehülle der Qualität eines Passivhauses entspricht. Außerdem müssen seit rund zwei Jahren auf landeseigenen Neubauten Photovoltaikanlagen installiert werden, um den eigenen Strombedarf zu decken.

„Unsere Gebäude produzieren Strom als Selbstversorger und sind bei der Dämmung richtig dick eingepackt. Damit liegen wir bei neuen Landesgebäuden auf einem Niveau, die dem EU-weit höchsten Ansprüchen an Energieeffizienz bei Gebäuden entsprechen“, sagt Walter.

Nach Schätzungen des Umweltbundesamts verursachen Gebäude in Deutschland rund ein Drittel aller Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes. Rund 35 Prozent der Endenergie in Deutschland werden beim Heizen, Kühlen und zur Warmwasserbereitung verbraucht.