Den Vergessenen mehr Beachtung schenken

Stuttgart. Wie können wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt langfristig stärken? Damit hat sich die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ in ihren vergangenen Sitzungen auseinandergesetzt. Die Grüne Fraktion schlägt hierbei unter anderem vor, eine über alle Politikfelder übergreifende Strategie zu entwickeln und noch besser besonders betroffene Gruppen in Krisenzeiten zu unterstützen, teilt Obfrau Petra Krebs am Freitag in Stuttgart mit.
„Fast die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg schätzt nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung den Zusammenhalt in Deutschland als gefährdet ein. Langfristig befürchtet die Mehrheit, dass die Gesellschaft geschwächt aus der Pandemie hervorgeht. Für uns ist das ein Alarmzeichen – denn das gesellschaftliche Miteinander ist das Fundament einer lebhaften Zivilgesellschaft und einer funktionierenden Demokratie“, sagt Krebs. „Dafür müssen in Zukunft vor allem die blinden Flecken unserer Gesellschaft besser einbezogen werden. Das heißt: Die Politik muss den bislang Vergessenen mehr Beachtung schenken. Denn wenn wir kritisch auf die Corona-Krise zurückblicken, stellen wir fest: Es fielen einige aus dem Raster.“

Familien stärken und Kindern einen guten Start ermöglichen

In der Pandemie waren das neben chronisch Kranken und Pflegebedürftigen vor allem Kinder und Jugendliche, Alleinerziehende und Menschen mit geringem oder ohne Einkommen sowie Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte. Tendenziell sind das die Gruppen, die auch von anderen Krisen wie Energie- oder Wirtschaftskrisen stärker betroffen sind. Hinzu kommt: Gerade ärmere Menschen schätzen den gesellschaftlichen Zusammenhalt als geringer ein.

Die Landtagsgrünen wollen die Familie als Rückzugsraum stärken und Eltern entlasten – etwa durch pädagogische und unterstützende Angebote und Einrichtungen.

Grünen-Abgeordneter Erwin Köhler: „Wir wollen Kindern den bestmöglichen Start ins Erwachsenenleben geben. Deshalb rücken wir Grüne Kinder und Familien in den Fokus der Landespolitik. Wir stocken beispielsweise die Zahl der Kinder- und Familienzentren auf, wir investieren in Beratungsleistungen, die etwa schnell bei drohender Wohnungslosigkeit helfen. Bis 2030 soll es flächendeckend Präventionsnetzwerke gegen Kinderarmut in allen Stadt- und Landkreisen in Baden-Württemberg eben. Auch für regionale Netzwerke für den Kinderschutz sorgen wir überall im Land. Wir setzen uns dafür ein, dass Fachberatungsstellen, Jugendhilfe und Bildungseinrichtungen Hand in Hand zusammenarbeiten – da, wo schnelle Hilfe erforderlich ist. Aber auch bei Maßnahmen, die präventiv zum Schutz unserer Kinder vor Gewalt wirken.“

Mehr Wertschätzung für das Ehrenamt

Auch in der Bildung wünschen sich die Grünen Verbesserungen - etwa, dass Medienkompetenzen effektiver entwickelt werden, um besser auf die Gefahren von Diskriminierung, Mobbing und Demokratiefeindlichkeit eingehen zu können, sagt Grünen-Abgeordnete und Mitglied in der Enquetekommission, Susanne Aschhoff. „Auch das Ehrenamt spielt eine Schlüsselrolle in unserer Gesellschaft.“ Wir werden die kompetenten und wertvollen Empfehlungen aus Sachverständigenreferaten und der Bürgerbeteiligung als Grundlage für die weitere politische Arbeit der Enquete-Kommission nutzen und daraus konkrete Handlungsempfehlungen entwickeln, sagt Aschhoff weiter. „Gerade dieses Zusammenwirken von Politik, Expertinnen und Experten und Bürgerinnen und Bürger trägt so direkt zur Entwicklung einer resilienten Gesellschaft bei.“

Krebs: „Etwa die Hälfte aller Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger engagiert sich im Ehrenamt. Dieses tolle Engagement werden wir mit der Einführung einer Ehrenamtskarte anerkennen. Dadurch erhalten Ehrenamtliche Vergünstigungen und Anreize für ehrenamtliche Tätigkeiten – und ihren Beitrag zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.“

Abschließend dürfe die Prävention und Deradikalisierung von Extremismus und Rassismus nicht vernachlässigt werden. Die Fraktion Grüne schlägt daher vor, durch ein regelmäßiges Monitoring eine Art Frühwarnsystem für antidemokratische Einstellungen und Radikalisierungstendenzen einzurichten.