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V-Leute nur gegen gewaltbereite Extremisten einsetzen (dpa)

Von Bettina Grachtrup, Nachrichtenagentur dpa Die Grünen wollen den Einsatz sogenannter V-Leute des Verfassungsschutzes auf den gewaltbereiten Extremismus beschränken. «Wir brauchen keine nachrichtendienstlichen Maßnahmen mehr für Gruppen, die nicht zu Gewalttätigkeiten neigen», sagte der Innenexperte der Grünen-Landtagsfraktion, Uli Sckerl, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. So seien nachrichtendienstliche Operationen zum Beispiel gegen Mitglieder der Linkspartei nicht angebracht. Die vier Landtagsfraktionen hatten sich im März darauf geeinigt, ein parlamentarisches Kontrollgremium für den Verfassungsschutz einzuführen. Im Zuge dessen soll der Einsatz von Verbindungsleuten (V-Leuten) des Geheimdienstes auf eine klare gesetzliche Grundlage gestellt werden. Über die Details verhandeln die Fraktionen noch. V-Leute sind Mitglieder einer Szene, die dem Verfassungsschutz als Spitzel regelmäßig Informationen liefern, meistens gegen Geld. Kritiker halten sie für vom Staat finanzierte Extremisten. Auch die schwarz-rote Bundesregierung hatte kürzlich eine Reform auf den Weg gebracht, die unter anderem Regeln für den Einsatz von V-Leuten vorsieht. Die Politik zieht damit Konsequenzen aus der jahrelang unerkannt gebliebenen Mordserie des «Nationalsozialistischen Untergrunds» (NSU). Den Rechtsterroristen werden neun Morde an ausländischstämmigen Kleinunternehmern und an der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn vorgeworfen. Im baden-württembergischen Gesetz soll nach Ansicht von Sckerl auch festgehalten werden, dass V-Leute nicht finanziell abhängig vom Landesamt für Verfassungsschutz sein dürfen. «Mit den Einnahmen dürfen sie nicht ausschließlich ihren Lebensunterhalt bestreiten.» Zudem dürften die V-Leute selbst keine schwerwiegenden Straftaten verübt haben. Kriterium könnten hier Einträge in das Bundeszentralregister sein, sagte Sckerl. Begehen sie aktuell schwere Straftaten, müssten V-Leute sofort «abgeschaltet» werden. Während die Punkte finanzielle Abhängigkeit und Straftaten nach Ansicht von Sckerl Konsens mit CDU, SPD und FDP sein dürften, erwartet der Grüne noch Diskussionen über die von ihm vorgeschlagene Begrenzung der V-Leute auf den gewaltbereiten Extremismus. Die Beratungen sollen aber zügig - bis Mitte April - beendet werden. Die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes soll am 29. April in den Landtag gehen, der sie vor der Sommerpause beschließen soll. Der Einsatz von V-Leuten sei bislang eine «völlige Blackbox», kritisierte Sckerl. Es sei weder bekannt, wie viele Verbindungsleute das Landesamt einsetze, noch wie sie bezahlt würden. Für die Grünen sei es längst nicht ausgemacht, dass V-Leute unersetzbar seien. «Wir warten die Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses ab», sagte Sckerl. Das Landtagsgremium wird sich mit dem Thema unter anderem dann beschäftigen, wenn es die Kontakte von baden-württembergischen Polizisten zum rassistischen Ku Klux Klan aufarbeitet. V-Leute stehen derzeit auch wegen weiterer Themen im Fokus: Das rot-rot-grüne Thüringen hat erklärt, ganz auf Verbindungsleute verzichten zu wollen. Zudem sind V-Leute ein heikler Punkt im laufenden NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Das Gericht hat noch einmal Belege dafür verlangt, dass die Informanten in der NPD-Führungsriege abgeschaltet wurden. Der erste Anlauf für ein NPD-Verbot war 2003 an dem Punkt gescheitert.