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Mehr Bürgerbeteiligung auf Ebene der Städte und Gemeinden

Bernd Thissen/dpa

„Politik profitiert von der Einmischung der Bürgerinnen und Bürger. Indem wir ihnen mehr Möglichkeiten geben, mit zu entscheiden, erhöhen wir den Anreiz, sich aktiv einzubringen. Das stärkt unser Gemeinwesen“, sagt Andreas Schwarz, kommunalpolitischer Sprecher und Gemeinderat in Kirchheim/Teck. Möglich wird dies durch umfangreiche Änderungen der Gemeindeordnung, die der Landtag in erster Lesung beraten hat. Das Gesetz  soll zum 1. Januar 2016 in Kraft treten.

Die wichtigsten Änderungen: 
Bürgerbegehren und -Entscheide werden künftig auch zu Fragen der Stadtplanung, also zu Bebauungsplänen zulässig. Diese treffen Festlegungen etwa zur Nutzung bestimmter Flächen und machen Vorgaben für Lage und Größe von Gebäuden. Um den Kommunen Planungssicherheit zu geben, ist eine Mitbestimmung der Bürger bei der Einleitung des Bauleitplanverfahrens möglich – die Frist endet nach drei Monaten. Bisher war dieser Bereich von Bürgerbegehren ausgeschlossen. „Das ist ein großer Fortschritt, denn gerade diese Fragen treiben die Menschen besonders um – wie entwickeln wir die Struktur unseres Gemeinwesens weiter, was wollen wir entwickeln, was wollen wir besonders schützen, sagt Andreas Schwarz.

Zugleich sinken durch die grün-rote Reform die Hürden für Bürgerbegehren. In naher Zukunft müssen dafür nur noch sieben statt bisher zehn Prozent der Stimmberechtigten unterschreiben. Um ein Bürgerbegehren gegen Beschlüsse des Gemeinderats einzuleiten, wird die Frist zur Sammlung von Unterschriften von sechs Wochen auf drei Monate verdoppelt. „Damit bestimmen die Bürgerinnen und Bürger aktiv mit, welche Themen auf die politische Agenda kommen. Der Austausch zwischen Stadtgesellschaft, Verwaltung und Gemeinderat wird intensiver werden“, so Andreas Schwarz.

Auch die Hürden für Bürgerentscheide werden gesenkt: Das Zustimmungsquorum wird von bisher 25 auf 20 Prozent der Stimmberechtigten gesenkt. D.h. wenn eine Frage der Bürgerschaft zur Entscheidung vorgelegt wird, muss die Mehrheit gleichzeitig 20 Prozent der Wahlberechtigten repräsentieren. Dann ist er gültig. 

Die neuen Regelungen machen zudem die Arbeit kommunaler Gremien durch erweiterte Veröffentlichungen im Internetund öffentliche Vorberatungen transparenter. Die Rechte der Gemeinde- und Kreisräte werden gestärkt. Durch eine frühere Übermittlung von Sitzungsunterlagen ist eine bessere Vorbereitung möglich. Die Erstattung von Aufwendungen für Kinderbetreuung und die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger während der Sitzungen verbessert die Vereinbarkeit des Mandats mit dem Familienleben. Das senkt die Hürde, sich für ein Mandat im Gemeinderat  zu bewerben. 

Auch der Jugendgemeinderat wird aufgewertet. Sie erhalten verbindlich ein  Rede-, Vorschlags- und Anhörungsrecht im Gemeinderat. Die Gemeindeordnung garantiert ihnen zudem angemessene finanzielle Mittel.  Die konkrete Ausgestaltung überlässt die Landesregierung dem Gemeinderat - nach dem bewährten Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung.