Verantwortung von Polizei und Politik

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In der Polizei ist kein Platz für Menschenfeindlichkeit, kein Platz für Rassismus und Sexismus, kein Platz für Diskriminierung und Machtmissbrauch.

Solche Vorfälle beschädigen nicht nur das Ansehen der Polizei, sondern sie erschüttern auch das Vertrauen in die Institution, die wie keine andere für Recht und Ordnung steht. So etwas kann und darf nicht passieren. Und wo es doch passiert, muss es eine klare Antwort und klare Konsequenzen geben. Und zwar in jedem einzelnen Fall. Der Inspekteur der Polizei wurde am vergangenen Freitag vom Vorwurf der sexuellen Nötigung aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Bedeutet das, dass keine Fehler passiert sind? Bedeutet das, dass kein verwerfliches Verhalten vorliegt? Klares Nein! Die Frage von Strafbarkeit und die Frage nach disziplinarrechtlichen Konsequenzen von Fehlverhalten sind zwei unterschiedliche Fragen. Was strafrechtlich möglicherweise folgenlos bleibt, ist deshalb noch lange nicht in Ordnung.

Neuorganisation der Landespolizei

Daher hat Minister Strobl am Tag der Urteilsverkündung zu Recht klargestellt: Der Inspekteur der Polizei wird nicht in dieses Amt zurückkehren können. Es ist nur konsequent, dass wir noch einen Schritt weitergehen. Das Amt des Inspekteurs der Polizei ist irreparabel beschädigt. Es ist richtig, dass wir es abschaffen. Diese Abschaffung ist ein deutlicher Veränderungsimpuls, der mit einer Neuorganisation im Landespolizeipräsidium einhergeht.

Die bisherige Aufklärungsarbeit im Untersuchungsausschuss, die wir sehr engagiert, ernsthaft und gründlich betreiben, hat gezeigt: Es geht nicht nur um Fehlverhalten von einzelnen Personen, sondern auch um Fehlentwicklungen im System. 

Ich fühle mich im Untersuchungsausschuss häufig an ein Konzept erinnert, das der Polizeiwissenschaftler Rafael Behr beschrieben hat. Er nennt es den „Code of Silence“. Er meint damit eine Art „Verschwiegenheitspakt“. Es geht um die Tendenz, interne Probleme und Missstände unter einem Mantel des Schweigens zu verhüllen. Das kann dazu führen, dass Beamtinnen und Beamte lange stillhalten, obwohl sie vielleicht ein schlechtes Gefühl haben mit dem, was eine Kollegin oder ein Kollege sagt oder tut. Hier brauchen wir eine andere Kultur, eine Kultur der Verantwortung: Bei Fehlverhalten darf nicht geschwiegen und weggeschaut, sondern es muss hingeschaut und eingeschritten werden. Wo klare Haltung gefragt ist, darf es kein Verschweigen, Verharmlosen oder Vertuschen geben. Werte leben heißt Haltung zeigen.

Das Maßnahmen-Paket

Wir Grüne begrüßen und unterstützen das Maßnahmen-Paket zur Stärkung einer wertegeleiteten Polizeikultur, das Minister Strobl gestern vorgestellt hat. Die baden-württembergische Polizei wird sich so intensiv und selbstkritisch wie noch nie mit ihrer eigenen Fehler- und Führungskultur auseinandersetzen. Die Prävention und der Schutz vor sexualisierter Gewalt stehen dabei besonders im Fokus. Die Botschaft ist genauso wichtig wie klar: Wir schauen hin und wir handeln. Strukturelle Probleme beantworten wir mit strukturellen Maßnahmen und Veränderungen.

Wenn wir einen Blick in die oberste Führungsriege der Polizei in Baden-Württemberg werfen, dann sehen wir dort genau zwei Frauen und sonst nur Männer. Wir sehen dort genau zwei Juristinnen und sonst nur Polizisten. Wir Grüne sind überzeugt: Wir brauchen mehr Frauen, mehr Diversität und mehr Perspektivenvielfalt bei der Polizei. Unsere Polizei wird jünger, weiblicher und vielfältiger. Das bedeutet nicht nur personelle, sondern auch kulturelle Veränderungen. Und darin liegen auch die Aufgabe und die Chance für eine Modernisierung und Weiterentwicklung der Polizeikultur.

Mit dem Maßnahmen-Paket sind wir nicht am Ziel, aber wir sind auf dem richtigen Weg.

Vielen Dank!