Soziales und Gesellschaft

Geschlechtergerechte Sprache

Die gesamte Rede finden Sie am Ende der Seite.


Zum dritten Mal innerhalb eines Jahres rede ich heute in einer Anti-Gender-Debatte hier im Landtag. Zum dritten Mal innerhalb eines Jahres haben diejenigen diese Debatte beantragt, die der Meinung sind, dass viel zu oft und viel zu viel übers Gendern geredet wird. Ich finde das, mit Verlaub, geradezu irrwitzig. Und ich kann nur festhalten: Es sind die Gegner*innen einer geschlechtergerechten Sprache, die ständig über das Gendern reden wollen.

Es gibte keinen Gender-Zwang

In den Aktuellen Debatten hier im Landtag sollten wir politische Herausforderungen diskutieren, die von zentraler politischer Bedeutung für unser Land sind. Sie aber, Herr Kollege Rülke, rufen nun schon zum wiederholten Mal ein Scheinproblem auf. Sie wollen eine Phantomdebatte über etwas führen, das gar kein Problem ist.

Denn um es noch einmal ganz klar zu sagen: Es gibt in Baden-Württemberg keinen Gender-Zwang, den die Gegner*innen einer geschlechtergerechten Sprache so gerne herbeifantasieren. Und es gibt in Baden-Württemberg auch kein Gender-Verbot, das sich die Gegner*innen einer geschlechtergerechten Sprache so sehnlich wünschen.

Den Fokus auf reale Probleme lenken

Wir leben in einer Zeit, in der es an politischen Herausforderungen wahrlich nicht mangelt: rechtsextremistische Angriffe auf unsere Demokratie, ein erstarkender Antisemitismus, die notwendige Transformation der Wirtschaft, der enorme Fachkräftemangel, die Klimakrise und ihre Folgen, die Auswirkungen von globalen Konflikten und Kriegen, die auch die Menschen hier bei uns in Baden-Württemberg zu spüren bekommen.

Die Liste an tatsächlichen Problemen, für die wir politische Lösungen finden müssen, ist wirklich lang. Und deshalb frage ich Sie, werte Kolleg*innen der FDP/DVP-Fraktion: Sehen Sie allen Ernstes aktuell keine echten Probleme für eine Aktuelle Debatte, so dass Sie wieder die Phantomdebatte über das Gendern aus dem Hut zaubern müssen? Woher rührt Ihre offenkundige Obsession für ein Gender-Verbot, das einer liberalen Partei so gar nicht würdig erscheint?

Die Antwort darauf ist meines Erachtens sehr klar: Sie versuchen die Debatte anzuheizen, weil Sie hoffen, daraus politisch Kapital schlagen zu können.

Gleichberechtigung - auch in der Sprache!

Schauen wir uns den Titel Ihrer heutigen Aktuellen Debatte mal genauer an: „Gendern verhindert Integration und Inklusion“. Diese Behauptung ist nicht nur falsch, sondern geradezu absurd. Denn worum geht es beim Gendern eigentlich? Es geht darum, alle Menschen gleichermaßen anzusprechen und sprachlich sichtbar zu machen. Es geht also im Kern um Vielfalt, Anerkennung und Respekt. Mit dem Titel Ihrer Aktuellen Debatte tun Sie etwas, das ich wirklich unanständig finde: Sie spielen Menschen, die in dieser Gesellschaft benachteiligt und diskriminiert werden, gegen andere Menschen aus, die ebenfalls von Diskriminierung und Ausgrenzung betroffen sind.

Und Sie tun das aus politischem Kalkül.

Demokratie verteidigen

in diesen Tagen gehen die Menschen zu Hunderttausenden auf die Straße, weil sie spüren: Es steht gerade viel auf dem Spiel. Es gilt jetzt, zusammenzustehen und unsere offene Gesellschaft, unser vielfältiges Miteinander und unsere lebendige Demokratie aktiv zu verteidigen. Gerade wir als Abgeordnete tragen eine große Verantwortung dafür, das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit und Problemlösekompetenz von Politik zu stärken.

Debatten über Scheinprobleme, wie sie die FDP wiederholt führen will, tragen dazu ganz gewiss nicht bei.Wenn Sie es ernst meinen mit einer gelingenden Integration und Inklusion, dann lassen Sie uns die tatsächlichen Hürden in den Blick nehmen, die Menschen mit Migrationsgeschichte und Menschen mit einer Behinderung im Weg stehen, und dafür politische Lösungen finden.  

Wir sind dazu bereit.