Umwelt und Naturschutz

CO2-Speicher Erde: Fachgespräch zu Humusaufbau und Moor

Auf Einladung des umweltpolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion Dr. Bernd Murschel und des agrarpolitischen Sprechers Martin Hahn haben Experten und Vertreter der Landesregierung über Möglichkeiten und Handlungsoptionen diskutiert, um landwirtschaftliche Böden und Moorböden stärker als Kohlenstoffsenken zu nutzen.

Mit dabei: mehr als 30 interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Vertreterinnen und Vertreter von Natur- und Umweltschutzverbänden, Landwirtschaft, Behörden und Praktikerinnen und Praktiker. In Impulsvorträgen gehen die Referenten auf Fragestellungen zur Erhaltung und Revitalisierung von klimarelevanten Böden und die dafür notwendigen politischen Rahmenbedingungen ein.

Dr. Martin Wiesmeier, Vertreter der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft, stellt die Machbarkeitsstudie der „4 Promille Initiative - Klimaschutz durch Humusaufbau in Bayern“ vor. Humusaufbau sei nahezu flächendeckend in Bayern möglich, so das Ergebnis der Studie. Doch trotz der humusaufbaufördernden Maßnahmen (verbesserte Fruchtfolgen, Agroforstsysteme, Umwandlung von Acker- zu Grünland, etc.) liege das Potential von Humusanreicherung auf organischen Böden nur bei einem Promille.

Bereits das Thünen-Institut hatte in einer bundesweiten Erhebung festgestellt, dass die Kohlenstoffspeicherfunktion positive Nebeneffekte für Ackerböden bringt - erhöhte Bodenfruchtbarkeit und Wasserspeicherkapazität, verbesserte Bodenstruktur, verringertes Erosionsrisiko sowie verringerte Dünge- und Treibstoffkosten. „In den vergangenen 30 Jahren zeigen ein Viertel unserer Böden einen hohen Kohlenstoffverlust. Die Herausforderung ist, den Kohlenstoffgehalt künftig im Boden zu halten“, sagt Wiesmeier.

Dr. Adrian Müller vom schweizerischen Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) legt die Komplexität der politischen Rahmenbedingungen für Klimaschutz in der Landwirtschaft dar. Eine nachhaltige Landwirtschaft basiere vor allem auf einem nachhaltigen Ernährungssystem. Das bedeute, weniger tierische Produkte und weniger Abfälle.

Für Böden zu sorgen sei gut – dazu zähle Humusaufbau, Bodenfruchtbarkeit und organischer Dünger. Humusaufbauende Maßnahmen müssten politisch gefördert werden, aber nicht nur über Biolandbau. Humusaufbau gehöre zu einer guten landwirtschaftlichen Praxis. Wichtig sei auch Moore zu schützen und nicht weiterhin als „landwirtschaftliche Produktionsflächen zu degradieren“.  

Michael Reber, Landwirt und Blogger, betreibt praktischen Landbau. Er ist überzeugt von einer regenerativ praktizierenden Landwirtschaft, um Nährstoffe und mikrobiologische Prozesse im Boden ins Gleichgewicht zu bringen. Aus seiner täglichen Praxis berichtete er über die positiven Auswirkungen von aktiven Humusaufbaumaßnahmen auf seine Ackerböden. Reber plädiert für eine humusaufbaufördernde Landwirtschaftspolitik und fordert seine landwirtschaftlichen Kollegen auf: „Wir müssen uns mehr mit unseren Böden beschäftigen und nicht einfach nur düngen.“

Dr. Werner Weinzierl, Vertreter des Regierungspräsidiums Freiburg, vertritt die Meinung: „Der Aufwand von Humusaufbau aus Klimaschutzgründen ist zu hoch und die Wirksamkeit zu gering. Eine viel effizientere CO-Speicherung in Böden gelingt durch eine aktive Moorrenaturierung“.

Prof. Dr. Hans Joosten von der Universität Greifswald vertritt im Weltklimarat den Moorschutz. In seinem Vortrag erinnert er an das Pariser Klimaabkommen und das gemeinsam verpflichtende Ergebnis: „Wir müssen THG-Emissionen reduzieren.“

Moorböden seien wichtige Kohlenstoffspeicher. Die Nutzung von Mooren als landwirtschaftliche Flächen bringe immense Klimaschäden. „Aber wir können nicht alle Moorflächen fluten und aus der Produktion nehmen, nicht in Europa, nicht in der Welt. Wir müssen die Wirtschaftsflächen auf Moor sofort wiedervernässen mit Erhalt der Produktionsfunktion der Landwirtschaft in anderer Form“, so Joosten.

Staatssekretärin Dr. Gisela Splett (Finanzministerium) und Staatssekretär Dr. Andre Baumann (Umweltministerium) berichten über den Stand der Moorschutzstrategie in Baden-Württemberg und deren Zielsetzung und Umsetzung. Das Finanzministerium ist vor allem mit dem Ankauf von bisher landwirtschaftlich genutzten Moorflächen aktiv.

„Der Aufwand für die Bindung von CO2 beim Humusaufbau durch die Landwirtschaft ist erheblich größer und der Effekt geringer“, so Grünen-Abgeordneter Martin Hahn. Allerdings sieht der agrarpolitische Sprecher eine große Verantwortung bei den Landwirten, die durch schonende Bodenbearbeitung verhindern können, dass Humus abgetragen und dadurch CO2 freigesetzt wird.

Dr. Bernd Murschel fasst zusammen: „Humusaufbau ist eine Anpassungsstrategie für die Landwirtschaft in Zeiten des Klimawandels. Moorschutz ist Klimaschutz – hierfür müssen wir die Landwirte mit ins Boot holen.“