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TTIP: Segen für die Wirtschaft oder schlechte Zeiten für Verbraucher?
Das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP bewegt die Menschen. Viel wird von Ängsten vor Chlorhühnchen oder sinkenden Verbraucherschutzstandards gesprochen. Auf der anderen Seite hört man von einem Abkommen, das gerade in Hinblick auf ein wettbewerbsfähiges Europa notwendig sein soll. Um Gefahren bzw. Chancen von TTIP sachlich zu diskutieren, trafen sich Ende Januar mehrere Experten im Rahmen der „Europäischen Gespräche“ im Literaturhaus Stuttgart. An der Diskussion, die von der GRÜNEN Landtagsfraktion und Maria Heubuch von der Fraktion der GRÜNEN im Europäischen Parlament organisiert wurde, nahmen teil: Maria Heubuch, Europagebordnete der GRÜNEN, Dr. Stefanie Hinz, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetag BW, Wolfgang Reimer, Ministerialdirektor im Ministerium für Ländliche Räume und Verbraucherschutz sowie der grüne Landtagsabgeordnete Josha Frey, der durch den Abend führte. Eine Einführung in den Abend gab Fraktionsmitglied Andreas Schwarz, der gleich voll in die Thematik ging. „TTIP erinnert mich an eine Blackbox, in die man einfach keinen Einblick bekommt“, vermittelt Andreas Schwarz, kommunalpolitischer Sprecher der Fraktion, seinen skeptischen Eindruck von TTIP. Während die Europäische Kommission und die USA hinter verschlossenen Türen das größte Handelsabkommen aller Zeiten aushandeln, fühlen sich selbst gewählte Volksvertreter ausgeschlossen, obwohl man grundsätzlich „den Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse und wirtschaftliche Zusammenarbeit schätzt“, erklärt Schwarz. In der folgenden Diskussion berichtet insbesondere die Europaabgeordnete Heubuch ebenfalls von der Frustration, die sie rund um TTIP erlebt hat. So würde den Abgeordneten nur unter größten Auflagen ein Einblick in die Verhandlungsunterlagen gewährt bekommen und seien zu absoluter Verschwiegenheit darüber verpflichtet. So könne man, laut Heubuch, kaum konstruktiv mit dem Abkommen arbeiten. Außerdem bemängelt sie: „Abkommen müssen demokratisch legitimiert sein. Ich kann nur noch zum ganzen Abkommen ja oder nein sagen. Das ist kein demokratischer Prozess.“ Wolfgang Reimer, Ministerialdirektor im Ministerium für Ländliche Räume und Verbraucherschutz, sieht TTIP jedoch nicht als "das gut oder böse" und wünscht sich einen konstruktiven Umgang mit dem Abkommen. „Es kann nicht in unserem Interesse sein, dass die USA mit China die Spielregeln vereinbaren. Wir haben jetzt die Möglichkeit, das Abkommen positiv zu beeinflussen und sollten das nutzen“, so Reimer in Hinsicht auf Verbraucherschutzstandards. Er betont jedoch auch, dass man die Verhandlungen kritisch begleiten sollte: „TTIP muss so gestaltet sein, dass weder die Arbeitnehmer- noch die Verbraucherschutzstandards untergraben werden.“ Darüber hinaus bezweifelt Reimer, wie wirtschaftlich bedeutend TTIP wirklich ist. Als Beispiel führt er offizielle Schätzungen an, die davon ausgehen, dass bis 2030 europaweit nur etwa 0,7% mehr Wirtschaftswachstum durch TTIP generiert werden könnten. „TTIP wird nicht über Wohl und Wehe der Volkswirtschaft entscheiden.“ Für die kommunale Perspektive des Abends war Dr. Stefanie Hinz vom Städtetag Baden-Württemberg eingeladen. Auch sie sieht TTIP kritisch, insbesondere aus basisdemokratischer Sicht: „TTIP kann man nicht einfach hinter verschlossenen Türen laufen lassen. Ein neues Verhandlungsmandat mit kommunaler Einbeziehung wäre ideal.“ Aber auch Hinz ist guter Dinge, dass unter öffentlichem Druck die Verhandlungen transparenter werden könnten. „Steter Tropfen höhlt den Stein. Wenn man den Druck erhöht, gibt die EU wieder ein weiteres Stück von TTIP preis“, meint Hinz. Zum Ende der Veranstaltung hin konnten die Gäste der Europäischen Gespräche den Podiumsteilnehmern noch Fragen stellen oder sich beim anschließenden kleinen Empfang austauschen. Hierbei ging es insbesondere darum Fragen erneut sachlich zu begutachten, dabei wurde erneut der Eindruck von starken Bedenken und kritischen Anmerkungen in einer verunsicherten Bevölkerung deutlich.




