Soziales und Gesellschaft

Jüdisches Leben in Baden-Württemberg

Das jüdische Leben in unserem Land ist vielfältig – vom tieffrommen Rabbiner, den man auch äußerlich als solchen erkennt, über die Studentin, die als Kind auf die Ostalb kam und nun das Studi-Leben genießt, über eine Teva-Mitarbeiterin, die auf Dienstreise in Deutschland ihren Lebensgefährten fand oder über meine Person, den ersten jüdisch-stämmigen Abgeordneten dieses Hohen Hauses – und das war nur der Abriss über das jüdische Leben in meiner Heimatstadt Ulm.

Jüdisches Leben schützen ist Aufgabe unserer Demokratie

Aber zur Wahrheit gehört leider, dass das jüdische Leben in Baden-Württemberg wie fast überall sonst auf der Welt besonders geschützt werden muss. Der physische Schutz ist bei unserer Polizei in guten Händen. Das jüdische Leben muss aber auch vor Delegitimierung geschützt werden, und für diesen Einsatz, sehr geehrter Herr Dr. Blume, lieber Michael, danke ich in aller Form.

Die Neigung, vermeintlich Schuldige zu suchen, statt Lösungen, resultiert in Verschwörungsmythen wie Great Reset oder Corona als neuer Brunnenvergiftung, und vielem mehr. Dem entschlossen und geschlossen entgegenzutreten, geht uns alle an. Antisemitismus mag bei der Judenfeindlichkeit beginnen – doch das Bedürfnis, Schuldige zu finden, statt Probleme zu lösen, erschüttert die Grundfeste der Demokratie an sich.

In aller Klarheit: es gibt Etliches an migrantischem Antisemitismus. Dem müssen wir begegnen, das, was der Vizekanzler bezüglich Einbürgerung und Aufenthaltsrecht sagte, gehört umgesetzt.

Wir brauchen dringend hier im Land ausgebildete Imame, die nicht vom Antisemitismus Erdogans geprägt sind.

Aber die Fraktion, die so gerne den migrantischen Antisemitismus anprangert, ist auch selber Teil des Problems. Dass die AfD immer und immer wieder vom „Great Reset“ redet, ist bekannt. Auch fühlen sich solche in ihren Reihen wohl, die den Einsatz des ukrainischen Präsidenten gegen den imperialen Angriff Russlands als Teil einer Weltverschwörung sehen. Der Antisemitismus ist gerade bei vermeintlichen Patrioten vielfach tief verwurzelt.

Nie wieder ist jetzt

Und kommen Sie bitte nicht mit „man wird ja noch sagen dürfen“. Natürlich darf man die gegenwärtige israelische Regierung wie alle seit Ben Gurion kritisieren, wer, bitte, hat je etwas anderes gesagt?

Aber die Verbreitung des uralt-Verschwörungskanons vom Kindermord, oder ein „selber Schuld“ als Reaktion auf den Terror des 7. Oktober sind keine Israelkritik, sondern alter Antisemitismus in neuen Schläuchen.

Und weil es sofort heißt „aber was ist mit Gaza“, in aller Deutlichkeit: mir tun alle, die unschuldig leiden, gar getötet werden, unendlich leid.

Nachdem die Hamas aber angekündigt hat, den 7. Oktober so oft und so hart zu wiederholen, wie sie kann, muss eine Regierung, die das Leben ihrer Bürger*innen ernst nimmt, alles tun, um so etwas zu verhindern. Alle Vorschläge zur Minimierung des Leidens sind dabei willkommen! Aber das „Nie wieder“ ist nunmal leider jetzt.

Und in Baden-Württemberg muss unser Rechtsstaat zeigen, dass er wehrhaft ist – Billigung von Straftaten ist ein Straftatbestand an sich, und gehört geahndet; ich habe hier Vertrauen zu unserer Justiz.

Verschwörungsmythen und Desinformation

Wir müssen auch an die Schulen ran, gerade seit dem 7. Oktober ist das Desinformations-Niveau in den sozialen Medien erschreckend.

Auch in Präsenz muss man Verschwörungsmythen bekämpfen. Es ist viel zu tun, daher danke ich den Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen für die Einigkeit beim Antrag, der Bereitschaft signalisiert, mehr Ressourcen bereit zu stellen. Viel Erfolg an alle Beteiligten bei dieser großen Aufgabe! Am Israel Chai! [das Volk Israel lebt]