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Der Lang-LkW - führt er zu weniger CO2-Ausstoß oder nicht?
Ein kleiner Teil des baden-württembergischen Autobahn-Netzes wird für einen gemeinsam mit der Wirtschaft unternommenen Feldversuch mit so genannten Lang-LKWs geöffnet. Im Gegensatz zur bundesweiten Studie steht dabei die Frage im Vordergrund, welchen Effekt auf den Ausstoß von Treibhausgasen die Zulassung von Lang-LKWs hätte. Unser Verkehrsexperte Andreas Schwarz ist Minister Winfried Hermann dankbar, dass er den Dialog mit der Wirtschaft und den Unternehmen zum Einsatz des Lang-Lkws gesucht und nunmehr eine gute Lösung gefunden hat. Denn, führt man intensive Gespräche mit der Wirtschaft und der Verkehrsbranche, dann stellt sich der Sachverhalt sehr differenziert dar. Einerseits lehnen große Teile der Bevölkerung den Einsatz von Lang-Lkws ab. Bürgerinnen und Bürger machen sich insbesondere hinsichtlich der Verkehrssicherheit sorgen. Diesen Punkt – die berechtigten Interessen der anderen Verkehrsteilnehmer - müssen wir in der politischen Entscheidungsfindung einbeziehen. Auf der anderen Seite stehen die Forderungen aus der Wirtschaft und der Logistikbranche. Die grüne Fraktion will im Zuge der Öffnung des Straßennetzes für Lang-Lkws die Frage klären, ob der Einsatz der Lang-Lkws tatsächlich einen Klimavorteil bringt. Ist der Lang-LKW tatsächlich der Öko-Lkw, wie er uns von der verladenden Wirtschaft angepriesen wird? Diese Punkte gilt es genau zu untersuchen. Dahinter stehen die noch viel bedeutenderen Fragen, wie wir die für unseren Wirtschaftsstandort so wichtige Logistik effizient, menschen- und umweltfreundlich gestalten. Wenn wir wollen, dass der Güterverkehr weniger Schadstoffe ausstößt, die Autobahnen nicht verstopft, dann sollten wir uns nicht allein bei einem möglichen Baustein wie dem Lang-LKW aufhalten, sondern das Problem bei der Wurzel packen: Insbesondere die CDU ist aufgefordert, uns zu unterstützen, den Verkehr auf Schiene und Wasser zu verlagern. Damit diese Transportwege attraktiver werden, ist es notwendig, dass der Bundesverkehrsminister Dobrindt beim Ausbau der Neckarschleusen zwischen Plochingen und Heilbronn und bei der Förderung von Umschlaganlagen des kombinierten Verkehrs an Knotenpunkten von Bahn- und Straßennetz endlich einen Zahn zulegt. Wo sind hierzu die Initiativen der CDU auf Bundesebene? Welche Rolle der Lang-LKW in einem Gesamtkonzept spielen kann, werden wir nun genau prüfen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen begleitet den seit dem 01.01.2012 laufenden Modellversuch des Bundes mit bisher 66 Lang-Lkw mit 25 Metern Länge, die ein ausgewähltes Straßennetz von etwa 10.000 km befahren dürfen. Im September 2014 hat die Bundesanstalt für Straßenwesen einen Zwischenbericht veröffentlicht. Dieser Zwischenbericht kommt u.a. zu dem Ergebnis, dass …
- Brücken und Straßen nicht deutlich mehr belastet werden als bisher und
- der Verkehrsablauf und die Verkehrssicherheit auf Autobahnen mit Lang-Lkw kaum Probleme verursachen.
Das sind positive Zwischenergebnisse, die aber nur unter der Voraussetzung gelten, dass das zulässige Gesamtgewicht der Lkw nicht auf die fahrzeugtechnisch möglich 60 Tonnen angehoben wird, sondern bei 40 Tonnen (44 Tonnen im kombinierten Verkehr) bleibt. Es zeigen sich im Zwischenbericht der Bundesanstalt für Straßenwesen aber auch Probleme, z.B. …
- bei der Nutzung von Nothaltebuchten in Tunneln
- bei der Benutzung von Park- und Rastanlagen
- bei der Brandlast in Tunneln infolge des größeren Transportvolumens
Die im Modellversuch einbezogene Infrastruktur scheint für den Einsatz von Lang-Lkw geeignet, aber eben nicht in allen Bereichen. Der Zwischenbericht gibt Anlass zum Nachdenken. Und deshalb muss man genau hinschauen und weitere Fragen gemeinsam mit der Wirtschaft näher betrachten und klären. Zu einigen wichtigen Aspekten macht der Zwischenbericht der Bundesanstalt für Straßenwesen keine Aussagen:
- Führen die Kostenvorteile, die durch den Einsatz von Lang-Lkw erzielt werden, zu einer Verlagerung von Güterverkehren von der Schiene auf die Straße?
- Wie sieht die CO2-Bilanz aus, wenn nicht nur die Einsparungen beim Straßengüterverkehr, sondern auch die Wechselwirkungen zwischen Schiene, Wasserstraße und Straße betrachtet werden?
Auf all diese Fragen brauchen wir Antworten, um den Einsatz und die Potenziale von Lang-Lkw vernünftig bewerten zu können. Wir begrüßen es daher, dass die Landesregierung gemeinsam mit der Wirtschaft die ökologischen Auswirkungen eines vermehrten Einsatzes der Lang-Lkws in Baden-Württemberg untersuchen wird. Hier gilt es die Frage zu beantworten, ob der Einsatz des Lang-Lkws tatsächlich zu einer prognostizierten Einsparung von 2.000 Tonnen CO2 führt. Denn, wenn sich die prognostizierte Einsparung von 2.000 Tonnen CO2 tatsächlich realisieren ließe, hätten wir einen großen Schritt für mehr Klimaschutz im Verkehr getan. Wenn die Annahme, dass zwei Lang-Lkws etwa drei Fahrten mit konventionellen Lkws ersetzen, zutreffen sollte, dann würde sich auch der Schwerlastverkehr auf unseren Autobahnen reduzieren. Und wenn der Einsatz der Lang-Lkws tatsächlich zu einer Einsparung von Dieselkraftstoff von 15 bis 20 Prozent führt, dann würde der Güterverkehr einen weiteren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Es lohnt sich also, all diese Punkte zusammen mit der Wirtschaft näher zu beleuchten. Trotzdem: Der Lang-LKW kann – selbst wenn sich die Prognosen zur CO2-Einsparung als zutreffend erweisen sollten - nur ein Baustein in einem Gesamtkonzept für nachhaltige Logistik sein. Den Ausbau der Neckarschleusen haben wir hier im Landtag immer wieder gefordert. Jetzt muss der Bund zeigen, dass er die wirtschaftsstarke Region um Stuttgart und Plochingen herum ernst nimmt und die Neckarschleusen bis Plochingen in den Bundesverkehrswegeplan für die Wasserstraßen aufnimmt. Auch das Schienennetz muss massiv ausgebaut werden, damit sich der Verkehr nennenswert aufs Gleis verlagern kann. In erster Linie ist hier der viergleisige Ausbau der Rheintalbahn dringend nötig. Hier ziehen wir im Landtag an einem Strang. Nun muss der Bundesverkehrsminister seinen Teil dazu beitragen.