Europa-Bericht zu Finanztransaktionssteuer, Fiskalpakt und Wachstumsimpulse

Der Landtag hat turnusgemäß den Bericht der Landesregierung zu aktuellen Europathemen debattiert. Der Europaexperte der Fraktion Grüne, Josha Frey, bewertet einige Aspekte aus dem Bericht. Hier ist seine Rede dokumentiert, außerdem wurde dieser <link file:5189 ea gruene und spd zu europapolitik>Entschließungsantrag von Grünen und SPD mit Mehrheit beschlossen: Wieder ein Mal wurde uns eine gute Übersicht der für das Land wichtigen Europathemen vorgelegt. Lassen Sie mich nur einige wenige Aspekte aus dem sehr interessanten Bericht ansprechen. Finanztransaktionssteuer Die EU nimmt hier weltweit eine Vorreiterrolle ein für eine langjährige Forderung von uns. Vorschlag der EU-Kommission ist vielversprechend. Weitere Länder , neben den 11 bisherigen, sollten dazu kommen. Unsere Hartnäckigkeit bei dieser wichtigen Stabilisierungsmaßnahme hat sich gelohnt. Aber es gibt auch Rückschläge: der Fiskalpakt muss in den Vermittlungsausschuss, weil die Bundesregierung hier wieder ein Mal die Länderinteressen zu wenig berücksichtigt und ihre Versprechungen vom letzten Jahr nicht hält. Außerdem hatte die Bundesregierung versprochen, im Rahmen des mittelfristigen Finanzrahmens keine Kürzungen in der Struktur – und Kohäsionspolitik vorzunehmen. Europa darf nicht zum Synonym für Sparpolitik werden! Europa ist mehr als Sparen! Deutlich wird die Sackgasse der extremen Sparpolitik, für die die Bundesregierung steht, wenn man auf Seite 10 und 11 der DS 15/2853 nochmal vor Augen geführt bekommt, wie gut wir an den Krisen am Beispiel Griechenlands verdienen. Bis Ende 2011 hatte die Regierung in Athen für deutsche Kredite 380 Millionen Euro Zinsen überwiesen für das erste 15 Mrd. Hilfspaket. Das wird nun etwas gelockert, doch: Zur Ehrlichkeit in der Politik gehört auch, dass wir den deutschen Profit aus der europäischen Wirtschaftskrise benennen! Diese ausschließlich auf Sparen ausgerichtete Politik und ihre Auswirkungen sind keine Werbung für Europa. Haben Sie Lust an einem gemeinsamen Haus zu bauen, wenn Sie dort nur privatisiertes Wasser und trockenes Brot bekommen? Da dürfen Sie sich nicht über die Wahlergebnisse in Italien wundern, die der eigenen drohenden Verelendung durch die Wahl von Extrempositionen aus dem Wege gehen wollen. Frau Merkel muss aufhören, Zitronen auszupressen, die schon längst saftlos sind. Wir müssen ein Europaperspektive aufzeigen, die Mut macht am Haus Europa mitzuarbeiten. Dafür brauchen wir Wachstumsimpulse. Weg von teuren Ölimporten, die in GR, ESP und Portugal bis 80% des Gesamtenergiebedarfs bedeuten, hin zum Bau von regenerativen Energien, die lokale Wertschöpfungskreisläufe schaffen. In Spanien gab es Kostensteigerungen von Öl-Einfuhren, die sich in den vergangenen drei Jahren massiv ausweiteten, von 3,4 Mrd. € (Q1 2009) auf zuletzt 7,2 Mrd. € (Q3 2011). Es ist nicht nachzuvollziehen, dass in diesem wind- und sonnenreichen Land die Photovoltaik  und Windkraft nicht mehr genutzt wird. Solche Projekte müssen wir jetzt unterstützen und unsere europäischen PartnerInnen einladen, diese beiden Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: 1. weniger fossile und teure Energieimporte und dafür 2. mehr regenerative Energien selbst vor Ort produzieren! Die Landesregierung  wird  mit der Stärkung der demokratischen Strukturen in Europa ernst machen. Wir sollten sie dabei unterstützen,  um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger für und in Europa wieder  zu gewinnen. Die Landesregierung zeigt dies verantwortungsbewusst mit ihrem Einsatz für mehr Europa und für den Ausbau demokratischer Strukturen. Die Landesregierung sollte die Unterstützung aller Fraktionen in diesem Landtag haben, wenn es zur Einberufung eines Konvents kommt, um Europa auch vertraglich krisenfester zu machen. Die bereits eingeleitete Demokratisierung mit dem Lissaboner Vertrag holt die Bundesregierung beim Mehrjährigen Finanzrahmen2014-2020 nun ein: die Bundesregierung hat sich massiv für Kürzungen  im Mehrjährigen Finanzrahmen eingesetzt, aber dabei die Rechnung ohne das europäische Parlament gemacht, das seine Zustimmung nach dem Lissabonner Vertrag  das erste Mal in der Geschichte der EU geben muss! Und natürlich kann man diesen Kürzungen nicht zustimmen, die der Europäische Rat am 8.2.2013 beschlossen hat. Deshalb haben wir noch den vorliegenden Antrag für heute eingebracht, für den ich bei Ihnen allen um Zustimmung werbe. Die Milliarden-Kürzungen gegenüber dem Vorschlag der EU-Kommission bei den beiden Rubriken des Mehrjährigen Finanzrahmen „Intelligentes und integratives Wachstum“ sowie „Nachhaltiges Wachstum: natürliche Ressourcen“ beeinträchtigen unsere zukünftigen Maßnahmen im Bereich der Energie- und Verkehrsinfrastruktur auch in Deutschland und Baden-Württemberg. Die Kanzlerin ist die Antwort an die Länder bisher schuldig geblieben, wie wir in Baden-Württemberg  mit den zurückgehenden Mitteln, die bisher aus Brüssel zu uns geflossen sind, umgehen sollen. Sagen Sie uns, Frau Merkel und liebe Opposition: wie finanzieren wir zukünftig die für uns wichtigen Projekte der „Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (ETZ) mit der Schweiz in Baden-Württemberg? Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die 6 Milliarden Euro für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit sich gut anhören im neuen Mehrjährigen Finanzrahmen, aber: Sie wissen genau, dass Frau Merkel das aus anderen Stellen des Europäischen Sozialfonds herausgenommen haben, dass Sie einfach dieses Geld umgewidmet hat. Für solche Taschenspielertricks sind wir nicht zu haben! Unser Dank gilt der Landesregierung, insbesondere unserem Minister Peter Friedrich, der in seinem Leistungsbericht eindrucksvoll darstellt,  wie wir die Europäische Union weiterentwickeln müssen: Es braucht weitere Fortschritte in der Wirtschafts- und Währungsunion: Der Schuldentilgungsfonds, den wir Grünen zum verbindlichen Abbau exzessiver Staatsverschuldung bereits seit langem fordern, wird ebenso kommen, wie die Einführung kurzfristiger Euro-Anleihen ("Eurobills"). Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Frau Merkel auch hier einlenken muss. Lassen Sie uns deshalb in Zukunft die Schritte in Richtung eines gemeinsamen europäischen Hauses mit gutem Brandschutz solider, solidarischer und schneller gehen. Ich danke Ihnen für Ihre Zustimmung beim vorliegenden Antrag.