Mobilität

Grüne fordern mehr Geld für den Nahverkehr

Ohne Geld kein Takt – Sparwahn statt Fahrplan

Verkehrspolitiker*innen von Bündnis 90/Die Grünen aus Bund, Ländern und Kommunen fordern die Bundesregierung mit Nachdruck auf, im Zuge der aktuell laufenden elften Änderung des Regionalisierungsgesetzes die Regionalisierungsmittel für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ab 2026 um mindestens drei Milliarden Euro jährlich zu erhöhen. Andernfalls drohten deutschlandweit Zugabbestellungen, Taktkürzungen und ein Rückbau des öffentlichen Nahverkehrs – mit spürbaren Folgen für Millionen Fahrgäste. Die finanziellen Spielräume der Länder werden durch Inflation, Steuersenkungen des Bundes, gestiegene Energiepreise und höhere Personalkosten immer enger. Strukturen vor Ort geraten zunehmend unter Druck, weil zentrale Mittel ausbleiben.

Silke Gericke, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag Baden-Württemberg, warnt: „Wenn in manchen Bundesländern schon Züge abbestellt werden müssen, weil der Bund kneift, dann ist klar: Die Bundesregierung fährt die Verkehrswende mit Ansage gegen die Wand. Wer den öffentlichen Verkehr kaputtspart, lässt die Menschen im Stich. Es gefährdet Klimaziele und die Glaubwürdigkeit der Politik.“

Auch andere Länder stehen bereits auf der Bremse. In Großstädten wie Köln, Karlsruhe oder Berlin ist das ÖPNV-Angebot laut einem aktuellen Greenpeace-Ranking zwischen 2,5 und 7 Prozent zurückgegangen. Berlin verzeichnet mit –7,1  Prozent den deutlichsten Rückgang. Die Tendenz ist eindeutig: Der Bund spart und die Auswirkungen sind spürbar. Erste Regionen wie Berlin, Hamburg und Rheinland-Pfalz mussten bereits im Herbst 2024 zusätzliche Landesmittel zur Stabilisierung des SPNV einsetzen, um Abbestellungen zu verhindern.

Katy Walther aus Hessen kritisiert: „Das Versprechen im Koalitionsvertrag war eindeutig: Die Bundesregierung wollte neue Verkehre ermöglichen. Das geht nur mit mehr Geld. Viele Regionen stehen kurz vor der Vollbremsung: Angebotsabbau, dünnere Takte, schmutzige Bahnhöfe, teurere Tickets. Das ist das Gegenteil von Daseinsvorsorge und einem Ausbau des Systems“.

Markus Büchler, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen in Bayern, ergänzt: „Wir wissen, wie dringend wir die Verkehrswende brauchen – aber der Bund fährt sie im Leerlauf. Während die Fahrgastzahlen steigen, steigen auch die Kosten. Nur die Mittel steigen nicht mit, während der klimaschädliche Straßen- und Flugverkehr mit milliardenschwerder Unterstützung gefördert wird. Das ist fahrlässig und kurzsichtig.“

Die Grünen-Verkehrspolitiker*innen fordern daher vom Bund, die Regionalisierungsmittel um mindestens drei Milliarden Euro jährlich zu erhöhen und künftig dynamisch an Kostensteigerungen anzupassen. Nur wenn die Finanzierung verlässlich ist, kann die Verkehrswende gelingen und die öffentlichen Mobilitätsangebote den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger gerecht werden. Sonst droht ausgerechnet im entscheidenden Jahrzehnt des Klimaschutzes ein Rückschritt – auf Kosten der Mobilität von Millionen Menschen.

Hintergrundinfos

Verkehrsministerkonferenz – Beschluss vom 2./3. April 2025:

Die Verkehrsministerkonferenz bekräftigt die unverändert dringende Notwendigkeit, die Regionalisierungsmittel bereits kurzfristig zumindest um das erforderliche Niveau zu erhöhen, um das aktuelle Nahverkehrsangebot zumindest zu stabilisieren und eine Reduzierung der Verkehrsleistung zu Lasten der Kundinnen und Kunden abzuwenden. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass schon auf Grundlage der vom BMDV beauftragten Studie „Ermittlung des Finanzbedarfs für den ÖPNV bis 2031“ für den Zeitraum bis 2031 ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf zum Erhalt des Status quo von rund 40 Milliarden Euro besteht.

Vgl. S. 38: https://www.verkehrsministerkonferenz.de/VMK/DE/termine/sitzungen/25-04-02-03-vmk/25-04-02-03-beschluss.pdf?__blob=publicationFile&v=2

VDV – Leistungskostengutachten 2024-2040 / Das Deutschlandangebot:

Für die Umsetzung des Transformationsfahrplans beziffert das Gutachten den jährlichen Finanzierungsbedarf bis 2040:

  • Im Modernisierungsszenario steigt der Finanzierungsbedarf durchschnittlich um 1,44 Mrd. Euro pro Jahr von heute 26 Mrd. auf 49 Mrd. Euro im Jahr 2040.
  • Das ambitioniertere Deutschlandangebot erfordert pro Jahr durchschnittlich 3,36 Mrd. Euro mehr. Der Finanzierungsbedarf liegt hier bei rund 80 Mrd. Euro im Jahr 2040.
  • Von den oben genannten zusätzlich benötigten Mitteln entfallen etwa 0,6 Mrd. Euro jährlich auf inflationsbedingte Kostensteigerungen.

Vgl. S. 6: https://www.vdv.de/kurzfassung-vdv-gutachten-zur-finanzierung-der-leistungskosten-im-oepnv-2024-2040.pdfx

Gegenfinanzierungsvorschlag: Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen

FÖS e.V. – Studie: Umweltschädliche Subventionen und Anreize im Koalitionsvertrag

Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung enthält verschiedene Vorhaben, die umweltschädliche Subventionen und Anreize erhöhen können. Das finanzielle Volumen aus zusätzlichen Ausgaben und entgangenen Einnahmen für den Staatshaushalt würde sich auf rund 9 bis 15 Mrd. Euro pro Jahr belaufen. Das bewirkt Fehlanreize und ist eine verpasste Chance für einen nachhaltigen Wirtschaftsumbau mit Zukunftspotential.

Vgl.: https://foes.de/publikationen/2025/2025-06-FOES-KOA-Vertrag-Subventionen.pdf