„Schnelltests sind das Sicherheitsnetz, das wir aufspannen“

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz begrüßt die Beschlüsse die Ministerpräsidentenkonferenz, die Wege aus der Pandemie aufgezeigt habe. Gesundheit bleibt oberste Priorität.

In seiner Rede zu den Corona-Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz erklärt Andreas Schwarz:

„Gut ein Jahr ist es her, dass die erste Corona-Infektion in Baden-Württemberg nachgewiesen wurde. Mit den Abstands- und Hygieneregeln, mit Schnelltests und mit der schnell zunehmenden Impfquote drängen wir das Virus zurück und kommen gut aus der Krise!

Wir alle kennen inzwischen Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind. Manche von uns haben Todesfälle im eigenen Umfeld zu beklagen. Wir haben Kinder, die jetzt zu Hause unterrichtet werden. Wir alle warten in den Hotlines, um Impfplätze für Angehörige, Eltern und Großeltern zu erhalten. Wir alle sind es leid, auf Kultur und Kontakte zu verzichten.

Wir sind des Virus überdrüssig!

Als Abgeordnete sind wir jedoch privilegiert. Wir können selbst entscheiden, welche Risiken wir auf uns nehmen. Ich weiß, dass es bei vielen Menschen in Baden-Württemberg noch einmal ganz anders ist: Für diejenigen, die es irgendwie schaffen müssen, Familie, Schule, Home-Office unter einen Hut zu bringen, vielleicht in einer kleinen Wohnung. Und erst recht für alle, die in ihrer Arbeit täglich Menschen begegnen. Die damit einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Die leiden noch einmal ganz anders unter dieser Krise.

Denn wer im Krankenhaus putzt, wer Pakete ausliefert, wer Bus fährt, wer im Laden oder in der Fabrik steht, wer in der Pflege oder in der Schule tätig ist, der kann nicht ins Home-Office ausweichen. Umso wichtiger ist es mir, dass diejenigen, die die Möglichkeit dazu haben, diese auch nutzen. Auch das ist Solidarität!

Corona bedeutet für viele, dass sie sich seit einem Jahr existenziellen Fragen ausgesetzt sehen, etwa wenn es um die Zukunft des eigenen Geschäfts geht, um den Arbeitsplatz, um die mühsam aufgebaut Selbstständigkeit – wer sich solchen Fragen stellen muss, der steht noch einmal unter einem ganz anderen Druck.

Umso größer ist mein Respekt für all diejenigen, die mitziehen. Denn dass die Infektionszahlen im Januar und Februar zurückgegangen sind, das ist auch ihr Verdienst! Das ist gelebte Solidarität!

Ich weiß, dass sich viele Menschen Sorgen machen. Sorgen darüber, wie wir aus dieser Krise kommen – aber auch Sorgen darüber, dass die Inzidenz inzwischen wieder steigt und dass die Mutanten sich ausbreiten. Das ist eine volatile und heikle Situation.

Und deswegen gilt umso mehr:

  • wir stellen die Gesundheit der Menschen ganz nach vorne,
  • und wir agieren entschlossen – und mit Umsicht und Besonnenheit.

Wenn jetzt einzelne Bereiche des Alltags geöffnet werden, dann brauchen wir eine möglichst hohe Sicherheit. Dabei spielen Schnelltests eine besonders wichtige Rolle. Sie garantieren, dass Infektionen erkannt werden und verhindern so weitere Ansteckungen. Schnelltests sind das Sicherheitsnetz, das wir aufspannen. Und dieses Netz wird helfen, schnell zu erkennen, falls wir die Notbremse betätigen müssen. Denn jede Öffnung steht unter Vorbehalt.

Deshalb begrüße ich es, dass jetzt auch bundesweit eine umfassende Teststrategie beschlossen wurde. Wöchentlich soll es kostenfrei einen anlasslosen Test für alle Bürger*innen geben. Auch die Unternehmen leisten ihren Beitrag: Dort wo Home-Office nicht möglich ist, sind sie aufgefordert, ihren Beschäftigten wöchentlich mindestens einen kostenlosen Schnelltest anzubieten. Wir Länder stellen mit Testkonzepten sicher, dass Lehrkräfte, aber auch Schülerinnen und Schüler einmal wöchentlich einen Test machen können.

Im Land und in den Kommunen sind wir schon einen Schritt weiter:

  • Wir haben unsere Teststrategie bereits erfolgreich ausgeweitet.
  • Wir bieten schon jetzt allen Lehrer*innen zwei kostenlose Tests in der Woche an, gehen hier also über den Beschluss der MPK hinaus.
  • Darüber hinaus testen wir schon jetzt auch pflegende Angehörige, Beschäftigte in KiTas, bei der Polizei und bei der Jugendhilfe.

Die Kommunen stellen die notwendige Infrastruktur und die Schnelltests bereit, und wir unterstützen sie dabei! Das zeigt auch noch einmal die Verantwortungsgemeinschaft, in der wir uns hier befinden. Jede und jeder ist in seinem Bereich gefragt, solidarisch mitzuhelfen.

Wenn das Testangebot auch auf die Schülerinnen und Schüler ausgeweitet wird, dann ist das eine wichtige Voraussetzung dafür, Präsenzunterricht wieder zu ermöglichen. 

Denn klar ist:  Präsenzbetrieb ist gerade für die Kleinsten in unserer Gesellschaft elementar. Aber: Präsenzunterricht muss sicher sein! Es ist niemand geholfen, wenn Kinder zur Schule gehen und dann letztlich Viren hin und her getragen werden, wenn Lehrerinnen und Lehrer sich anstecken oder ganze Familien in Quarantäne müssen.

Unsere Lehrerinnen und Lehrer unternehmen große Anstrengungen, ihre Schüler im Fern- und Wechselunterricht bestmöglich zu unterrichten. Dennoch ist klar, dass viele Kinder Lernlücken haben und es aus eigener Kraft nicht mehr schaffen, diese aufzuholen. Deshalb schlagen wir vor, systematisch den Leistungsstand unserer Schülerinnen und Schüler zu erheben.

Auf dieser Grundlage können die Schulen dann zielgerichtet nachsteuern. Wo sind die Lernlücken besonders groß? 

Zur Behebung der Defizite braucht es zusätzliche Angebote und Sonderprogramme. Vielleicht muss man besondere Formen der Nachhilfe organisieren. Lehrerinnen und Lehrer werden das nicht alleine stemmen können - hier ist Unterstützung etwa durch Studierende und Mentor*innen notwendig.

Zudem schlagen wir vor, wie bereits in den letzten Sommerferien zusätzliche Angebote zu machen, als Lernbrücken in den Ferien, um Lernstoff aufzuholen.

Das muss man einfach besprechen – mit allen Beteiligten. Das wurde bisher versäumt und muss dringend nachgeholt werden!

Zurück zu den Schulöffnungen:

Bei den weiterführenden Schulen habe ich zu Vorsicht gemahnt. Hier klappt der Distanzunterricht vielfach sehr gut. Das ist ein Verdienst der Schulen und der Lehrerinnen und Lehrer, die sich hier stark engagieren. Als Land haben wir den Distanzunterricht flankiert durch Investitionen in die Technik und die Infrastruktur. 

Und dennoch wünschen sich auch ältere Schülerinnen und Schüler, nicht nur am Bildschirm unterrichtet zu werden. Deswegen ist es richtig, hier eine Öffnungsperspektive zu geben. Das darf nicht überstürzt geschehen. Die Erfahrungen, die gemacht wurden, müssen ausgewertet werden. Wenn jetzt in zehn Tagen die Klassen fünf und sechs wieder an die Schulen gehen, im Wechselunterricht und mit geteilten Gruppen, dann ist das ein erster vorsichtiger Schritt. Mit Umsicht, und immer mit einem Blick auf die weitere Entwicklung des Virus, ermöglichen wir Öffnungen der weiterführenden Schulen.

Der Holzhammer hilft nicht. Einfach alles aufzumachen – das wäre fatal. So sehr ich die Nöte etwa des Einzelhandels verstehe, so ist doch das behutsame und umsichtige Vorgehen der richtige Weg, der Plan, um aus der Krise zu kommen. Mit dem Wissen von heute kann Schritt für Schritt dargestellt werden, welche Öffnungen unter welchen Bedingungen möglich sind. Das ist es, was der Beschluss der MPK macht – und er setzt damit die Orientierung an Inzidenzen und die genaue Risikoabwägung fort. Flankiert von Tests sind in einigen Bereichen auch bei höherer Inzidenz Öffnungen möglich.

Ich möchte sagen: nur so sind Öffnungen möglich. Das ist es, was der Ministerpräsident letzte Woche vorgeschlagen hat. Und das ist es, was jetzt in der Umsetzung des Beschlusses auch hier in Baden-Württemberg gemacht wird. Jeder Schritt ist wohl überlegt. Und jeder Schritt zeigt eine Perspektive auf, eine Perspektive, die dringend notwendig ist. Der Beschluss der MPK zeichnet einen Weg aus der Pandemie. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen!

Ich freue mich, dass eine Öffnungsperspektive für den Einzelhandel gefunden wurde, auch jenseits des täglichen Bedarfs. In den Landkreisen, in denen es gelingt, die Inzidenz stabil unter die 50 zu drücken, wird eine Öffnung unter Hygieneauflagen möglich sein.

Das wird nicht überall im Land der Fall sein. Deswegen ist es gut, dass der Vorschlag des Handels aufgegriffen wurde, die Möglichkeit von „Click and Meet“ zu schaffen, und so Lieferdienste und „Click and Collect“ zu ergänzen. Bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 soll „Click and Meet“ ermöglicht werden. Das heißt, vorab eine Terminabsprache zu treffen, und dann für ein festes Zeitfenster in den Laden zu kommen, um sich beraten zu lassen und einzukaufen. Hier kann unser stationärer Einzelhandel seine Stärke ausspielen – das ist eine gute Idee!

Zum anderen gibt es erste Öffnungsschritte auch im Kulturbereich.

Noch sind wir nicht so weit, dass Konzerte und Kinobesuche wieder möglich sind, aber zumindest da, wo Abstände eingehalten werden können, bei Museen und Galerien, halten auch wir eine vorsichtige und inzidenzbasierte Öffnung für vertretbar. Das ist ein erster Hoffnungsschimmer für Kunst und Kultur! Und nach wie vor gilt die Maxime, Kunst trotz Abstand zu ermöglichen – ein Programm, das Ministerin Bauer und Staatssekretärin Olschwoski mit Verve vorangebracht haben, und das die Nothilfen für Kunst und Kultur ergänzt.

Von Anfang an war es uns ins Baden-Württemberg wichtig, bei den Wirtschaftshilfen alle mit unter den Schirm zu holen. Gerade kleine Selbstständige waren von den notwendigen Infektionsschutzmaßnahmen oft besonders getroffen. Denken Sie an die Messebauer oder an die Kreativbranche. Bürokratische Hilfsprogramme gehen an deren Lebenswirklichkeit vorbei. Und Künstlerinnen oder kleine Händler aufs Sozialamt zu schicken – dass kann es ja nun auch nicht sein! Deswegen haben wir den „fiktiven Unternehmerlohn“ erfunden. Der Bund ist dringend gefordert, dieses Instrument in das Neustartprogramm aufzunehmen. Da drängen wir drauf, und da bleiben wir hartnäckig!

Baden-Württemberg ist an der Krise gewachsen. Und wir haben erkannt, was für einen großen Wert Solidarität gerade in der Krise darstellt.

Daran halten wir fest, denn

  • ein klarer, entschlossener Kurs,
  • gemeinsames, solidarisches Handeln
  • und Besonnenheit und Umsicht –

das sind die Dinge, die uns helfen werden, diese Krise hinter uns zu lassen.