Wirtschaft und Arbeit

Stark fürs Handwerk - Besuch in Heilbronn

Grünen-Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz will sich für Handwerk stark machen

Welche Themen treiben die Handwerker um und was wünschen sie sich von der Politik? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, waren Grünen-Landtagsfraktionsvorsitzender Andreas Schwarz und Gudula Achterberg, Grünen-Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Heilbronn, bei der Handwerkskammer Heilbronn-Franken zu Gast und traten mit Vertretern von Innungen und der Handwerkskammer in den Austausch. Den Politikern ging es bei dem Gespräch vor allem darum, vom Handwerk zu hören „was Sie brauchen, damit es vorangeht und Sie gut arbeiten können“, sagte Schwarz zum Einstieg ins Gespräch.

Schnell kam die Bildungspolitik des Landes zur Sprache. Hier sehen viele der anwesenden Handwerker die Hauptursache für den Nachwuchsmangel im Handwerk. „Das fängt schon beim Elternhaus an“, sagt Handwerkskammerpräsident Ulrich Bopp. „Viele wollen, dass ihre Kinder um jeden Preis ein Gymnasium besuchen, Abitur machen und bestenfalls im Anschluss studieren.“ Eine duale Ausbildung genieße kein so hohes Ansehen wie eine akademische. Diese Problematik sieht auch Andreas Schwarz. „Wir müssen weiter an der Gleichwertigkeit von dualer Ausbildung und akademischer Ausbildung arbeiten.“ Dass sich der Trend hin zum Gymnasium und weg von der Ausbildung weiter verstärkt hat, führt Tobias Betz, stellvertretender Obermeister der Innung Metallbau und Feinwerktechnik Heilbronn, vor allem auf die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung 2012 zurück. Seitdem können Eltern selbst entscheiden, auf welche weiterführende Schule ihr Kind gehen soll. Allerdings hatte Grün-Schwarz inzwischen eine Änderung vorgenommen, wie die Abgeordneten sagten: „Seit dem Schuljahr 2017/2018 wird die Grundschulempfehlung bei der Anmeldung an der weiterführenden Schule vorgelegt“. Ebenso würden die Eltern bis zur anstehenden Schullaufbahnentscheidung durch eine regelmäßige Beratung der Grundschule von Anfang an unterstützt.

Handwerk macht sich für mehr Berufsorientierung stark

Thomas Heyd, Obermeister der Zimmerer-Innung Heilbronn-Öhringen, beklagt: Das Handwerk habe es zunehmend schwer, Schüler in den Schulen zu erreichen. Angebote zur Berufsorientierung seien nicht einfach zu platzieren. Insbesondere an Gymnasien sei das Interesse von Lehrkräften am Handwerk überaus gering. „Die Schulen sind der Schlüssel, damit das Handwerk weiter vorankommt“, sagt Heyd. Andreas Schwarz regt an, sich auf Landesebene für eine Art runden Tisch stark zu machen, bei dem alle relevanten Akteure zusammenkommen: Handwerk, Landeselternbeirat sowie Lehrerverbände. Ein solcher Dialog könne, so hofft Schwarz, „zu mehr Verständnis und Offenheit gegenüber dem Handwerk führen.“ Gudula Achterberg ist überzeugt: Die besten Botschafter für das Handwerk seien junge Handwerker, die aus der Praxis erzählen: „sie können Schülern die Vorteile ihrer Berufe am ehesten näherbringen.“

Bürokratie und Soforthilfe-Rückzahlungen als große Belastungen

Aber nicht nur im Bereich Bildung hakt es nach Meinung der Handwerker. Als großen Hemmschuh bei ihrer Arbeit empfinden die Handwerker die immer weiter ausufernde Bürokratie. Andreas Hemmerlein, Obermeister der Innung Metallbau und Feinwerktechnik Heilbronn, nennt das Lieferkettengesetz als Beispiel. Die darin enthaltenen Vorgaben seien gerade für kleinere Betriebe mit einem großen Mehraufwand verbunden. Andreas Schwarz sieht beim Abbau von Bürokratie ebenfalls dringenden Handlungsbedarf. „Mit der Bürokratie ist es wie mit einem Brombeerstrauch im heimischen Garten: Wenn man sie nicht eingrenzt, breitet sie sich immer weiter aus.“ Daher habe die Landesregierung mit Handwerk BW eine Allianz zum Bürokratieabbau beschlossen, erklärt der Politiker.

Ein brennendes Thema ist auch die Rückzahlung der Corona-Soforthilfen. Insbesondere Frisöre und Kosmetikstudios, die während der Corona-Lockdowns schließen mussten, sind hiervon betroffen. „Wir wurden hier von der Politik im Regen stehen gelassen“, klagt Jens Schmitt, Obermeister der Frisörinnung Heilbronn-Öhringen. „Wenn die Soforthilfen zurückgezahlt werden müssen, schmeißen 30 Prozent der Frisöre hin“, ist er überzeugt. Andreas Schwarz sagt, seine Fraktion habe das „Wirtschaftsministerium gebeten, bei der Frage nach den Rückzahlungen den rechtlichen Spielraum zu nutzen“. Darauf hofft auch Handwerkskammerpräsident Ulrich Bopp: „Die Betriebe haben wirklich um ihr Überleben und insbesondere um ihre Mitarbeiter gekämpft und werden nun dafür bestraft.“

Ein weiterer Dorn im Auge der Handwerker sind die hohen steuerliche Abzüge bei Mehrarbeit. Mehrere der anwesenden Obermeister haben in ihren Betrieben die Erfahrung gemacht, dass viele Arbeitnehmer durchaus bereit wären, Mehrarbeit zu leisten. „Das muss sich aber auch finanziell lohnen, was aktuell aufgrund der hohen Abgaben nicht der Fall ist“, beklagt etwa Andreas Hemmerlein.