Mobilität

Thomas Marwein: „Leiser ist gesünder – Lärm betrifft uns alle“

Lärm ist eine der am meisten unterschätzten Umweltbelastungen für den Menschen, betont unser Lärmschutzbeauftragter Thomas Marwein in seiner Rede im Parlament. Die grün-geführte Landesregierung hat deshalb 2011 einen Lärmschutzbeauftragten eingesetzt – und geht damit bundesweit voran. Mit großem Erfolg. Thomas Marwein freut sich: „Im Oktober 2020 wurde der Bundesländerindex Mobilität & Umwelt veröffentlicht: Baden-Württemberg macht im Ländervergleich die nachhaltigste Verkehrspolitik und liegt im Bereich Lärmminderung auf dem 1. Platz!“

Belästigt fühlen sich die Menschen laut einer Umfrage des Umweltbundesamts zu 75 Prozent durch Lärm durch den Straßenverkehr und zu 60 Prozent durch Nachbarschaftslärm.  Die Lärmkartierung des Landes 2017 belegt: Über 200.000 Menschen sind den Tag über gesundheitskritischen Lärmpegeln über 65 dB(A) ausgesetzt, nachts sind es fast 250.000 Menschen mit Lärmpegeln über 55 dB(A).

Thomas Marwein: „Die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO besagen: Um Gesundheitsgefahren durch Lärm zu vermeiden, müssen die Lärmpegel nochmal deutlich niedriger sein. In den letzten Jahren haben wir in Baden-Württemberg viel erreicht. Drei Bereiche möchte ich herausheben: 

Lärmaktionsplanung

Bei der Lärmaktionsplanung wurden Kommunen konsequent unterstützt. Dadurch konnten vielerorts Maßnahmen umgesetzt werden, so dass es leiser wurde. An Hauptverkehrsstraßen außerhalb der Ballungsräume sank die Anzahl der Menschen, die von gesundheitskritischen Lärmpegeln betroffen sind, um etwa 20 Prozent. Ziel ist: Bis 2030 soll die Anzahl der Lärmbetroffenen > 55 dB(A) nachts durch den Straßenverkehr um weitere 20% gegenüber dem Stand von 2017 sinken. Erfolgversprechende Maßnahmen sind u.a. Tempolimits, lärmarme Straßenbeläge, Umbau von Ortsdurchfahrten zu einer lebendigen und verkehrsberuhigten Ortsmitte sowie die Ausweitung der Elektromobilität.

Absenkung von 70 / 60 dB(A) auf 65 / 55dB(A)

Die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung durch Straßen- und Schienenlärm von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts ist im Bundesrecht verankert. Diese Werte sind viel zu hoch! Im Februar 2019 haben Lärmwirkungsfachleute ein Memorandum of Understanding verfasst. Sie fordern, die Schwelle der lärmbedingten Gesundheitsgefährdung in einem ersten Schritt um wenigstens 5dB(A) auf 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts abzusenken. Dasselbe fordert der Sachverständigenrat für Umweltfragen in seinem aktuellen Umweltgutachten vom Mai. Er empfiehlt diese Werte in Wohngebieten bundesweit gesetzlich festzuschreiben. Wir haben diese Forderung nach Absenkung dieser Werte bei der Novellierung der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) in den Bundesrat eingebracht, im Bundesrat jedoch keine Mehrheit gefunden.

Weniger Motorradlärm

In Ballungsräumen ist Motorradlärm besonders an landschaftlich reizvollen und kurvigen Strecken für viele Anwohnerinnen und Anwohner eine große Belastung. Ein Teil der Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer fährt rücksichtslos. Ein Teil der Motorräder aber wird bewusst manipuliert, damit sie lauter sind. Aber auch serienmäßige Motorräder sind in den letzten Jahren immer lauter geworden. Und: Die Anzahl der Motorräder ist stark gestiegen. Wenn viele Motorräder besonders bei schönem Wetter und an Wochenenden und Feiertagen unterwegs sind, entsteht durch die schiere Menge an von Verbrennungsmotoren angetriebener Zweiräder ein Lärmproblem. Die rechtlichen Möglichkeiten des Landes und der Kommunen müssen unbedingt ausgeschöpft werden.

Motorradlärm-Displays helfen, die Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer zu sensibilisieren. Bislang wenig genutzte Möglichkeiten bieten elektrisch betriebene Motorräder und die Umgestaltung der Ortsdurchfahrten zu verkehrsberuhigte Ortsmitten. Das alles reicht aber nicht! Daher habe ich im Sommer letzten Jahres zusammen mit der Bürgermeisterin Sonja Schuchter aus Sasbachwalden die Initiative Motorradlärm gestartet. Die Initiative fordert: Motorräder müssen leiser werden. Motorräder müssen leiser gefahren werden und Rücksichtsloses Fahren muss deutliche Folgen haben. Die Forderungen richten sich damit an die EU und den Bund als Gesetzgeber aber auch an Hersteller, Händler und Motorradfahrende.

Der Bundesrat hat im Mai 2020 den Forderungen zur wirksamen Minderung und Kontrolle von Motorradlärm zugestimmt. Jetzt ist die Bundesregierung gefragt, die erforderliche rechtliche Änderungen auf den Weg zu bringen. Die Anzahl der kommunalen Mitglieder ist bis heute auf etwa 150 angewachsen.