Soziales und Gesellschaft

Seemann: Gleichstellung der Geschlechter ist bis heute nicht erreicht

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111 Jahre Weltfrauentag, das ist definitiv ein Grund zum Feiern. Die Hauptforderung aus dem Jahr 1911 war das Frauenwahlrecht, das für uns in Deutschland heute – zum Glück – selbstverständlich ist. Aber so groß dieser Schritt auch gewesen sein mag, wir sind längst noch nicht da, wo die Frauenbewegung hinwollte: Parität in den Parlamenten, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch oder der Kampf gegen Gewalt an Frauen:  Wollten – sollten – wir da im Jahr 2022 nicht schon weiter sein?“, sagt unsere Sprecherin für Frauenpolitik, Stefanie Seemann.

„Die Gleichstellung der Geschlechter ist bis heute nicht erreicht, weder in Baden-Württemberg noch in Deutschland oder weltweit. Bereits Artikel 3 des Grundgesetzes sichert uns genau diese Gleichberechtigung der Geschlechter aber zu. Frauenrechte sind Menschenrechte! Frauen haben ein Recht auf gleichwertige Teilhabe, ein Leben in Würde und Selbstbestimmung

Gender Pay Gap

Schauen wir uns beispielsweise die Forderung nach gleicher Bezahlung von Männern und Frauen an. Sie ist in Ziel 8 – Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum – in der Agenda verankert. Die Realität sieht jedoch anders aus. Erst am Montag, am 7. März, fanden zahlreiche Aktionen zum Gender Pay Gap statt, denn Frauen in Deutschland verdienen immer noch 18 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Hochgerechnet aufs Jahr arbeitet eine Frau also bis zum 7. März umsonst, während ihre männlichen Kollegen seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden.

Gender Care Gap

Der etwas weniger bekannte Gender Care Gap oder der im 3. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung vorgestellte neue Indikator Gender Care Share beschreibt den unterschiedlichen Zeitaufwand, den Frauen und Männer für unbezahlte Sorgearbeit aufbringen.

Wir alle wissen: Den Großteil dieser für die Gesellschaft immens wichtigen Arbeit – Hausarbeit, Kinderbetreuung, Pflege – übernehmen in Deutschland nach wie vor Frauen und das gilt auch für Paarbeziehungen ohne Kinder. Ganz konkret in Zahlen ausgedrückt: Frauen investieren 52,4 Prozent mehr Zeit in unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Diese Zeit fehlt ihnen an anderer Stelle, beispielsweise im Job. Das wirkt sich nicht nur auf die finanzielle Unabhängigkeit dieser Frauen aus, sondern ganz direkt auch auf ihre Altersvorsorge.

Gender Share Care

Dazu zeigt der Gender Share Care auch, dass mit Homeoffice zwar von Männern und Frauen insgesamt mehr Sorgearbeit geleistet wird – bei Frauen ist es aber fast dreimal so viel! Das heißt, auch wenn beide Geschlechter mehr anpacken, führt das Homeoffice unterm Strich nicht zu einer ausgeglicheneren Verteilung der Sorgearbeit: Die Schere klafft nur noch weiter auseinander.

Wir Grünen fordern seit langem: Wer Sorgearbeit leistet, verdient die Anerkennung und Unterstützung der Gesellschaft. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch bedarfsgerechte Kinderbetreuungsmodelle und flexible Arbeitszeitmodelle muss überall selbstverständlich werden. Und wer Sorgearbeit zum Beruf macht, sollte dafür auch die Wertschätzung erhalten, die dieser enorme Beitrag zum Gemeinwohl verdient.

Berufswelt

Chancengleichheit für Mädchen und junge Frauen muss auch sogenannte „Männerberufe“ einbeziehen.  Mädchen und Frauen müssen wissen, wie die heutige Berufswelt aussieht und welche Chancen sie ihnen bietet – insbesondere mit Blick auf die MINT-Fachbereiche. Der Abbau von Klischees kann dabei aber nur ein erster Schritt sein. 

Stereotypen und klassische Rollenbilder

Stereotypen und klassische Rollenbilder zementieren die Ungleichheit und Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern weit über die Berufswahl hinaus. Durch jede Betonung des Geschlechtes im Sinne von „Mädchen tun dies“ und „Jungen tun das“ entsteht ein Raster, das junge Menschen in ihrer persönlichen Entfaltung einschränkt. Damit müssen wir aufräumen – und zwar alle gemeinsam.“