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Herkens: Keine Rückforderung beim Neun-Euro-Ticket

Die gesamte Rede finden Sie am Ende dieser Seite.


„Die Globale Krisen wirken sich aktuell so unmittelbar auf unseren Alltag aus, wie seit langem nicht. Wir merken die Auswirkungen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine an der Supermarktkasse, an der Tankstelle und bei der Nebenkostenabrechnung. Unsicherheit und Teuerung betreffen uns alle. Aber sie treffen uns nicht alle gleich", sagt Felix Herkens, Vorsitzender des Arbeitskreises für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, in seiner Rede zur Debatte über Rückzahlungen aufgrund des Neun-Euro-Tickets.

Preissteigerungen bei Heizungskosten, Kraftstoff und Lebensmitteln stellen vor allem Personen und Familien mit geringen Einkommen vor Herausforderungen. Die bestehenden Ungleichheiten treten wie unter einem Brennglas zu Tage. Das Gebot der Stunde lautet daher Entlastung!

Das Neun-Euro-Ticket ist Teil des Entlastungsprogramms der Bundesregierung und es ist schon jetzt ein voller Erfolg. Damit dämpfen wir die aktuellen Mehrbelastungen und sichern bezahlbare Mobilität gerade für Menschen mit mittleren und geringen Einkommen.

Als Gesellschaft stehen wir solidarisch zusammen, gerade in schwierigen Zeiten! Wir dürfen daher gerade bei Leistungsempfänger*innen nicht kleinlich sein.

Entlastung heißt Entlastung

Das Neun-Euro-Ticket kommt prinzipiell jedem zugute. Besonders profitieren davon einkommensschwache Haushalte, die prozentual mehr für Mobilität ausgeben müssen. Das ist auch gut so, denn gerade diese Gruppe ist von der aktuellen Preissteigerung am stärksten betroffen.

In einigen Fällen hat nun das Jobcenter den Betrag für eine reguläre Monatskarte erstattet und der Verkehrsverbund hat seinerseits den Differenzbetrag zum Neun-Euro-Ticket rückerstattet.

Ich kann Ihnen das an einem konkreten Fall aus meinem Wahlkreis einmal vorrechnen: Eine Schülerin erhält für ihr Monatsticket in Pforzheim 48,50 Euro vom Jobcenter. Weil ihr Monatsticket jetzt wie ein Neun-Euro-Ticket behandelt wird, überweist ihr der Verkehrsverbund Pforzheim Enzkreis 39,50 Euro zurück. Knapp 40 Euro – Das mag Ihnen und mir nicht viel Geld erscheinen. Aber für eine Familie, die auf Transferleistungen angewiesen ist, ist es das.

Fakt ist: Wenn jemand 40 Euro gerade gut gebrauchen kann, dann sind es diese Familien. Das reicht für einen Kino Besuch mit Bruder und Schwester oder für einen mittelgroßen Einkauf.

Man kann die technokratische Auffassung vertreten, dass es sich hier um eine Überzahlung handelt. Aus menschlicher Sicht ist das nicht nachvollziehbar. Damit erschüttern wir auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Wir Grüne stehen für soziale Teilhabe und nicht für eine Umverteilung von unten nach oben!

Auch aus verwaltungstechnischer Sicht wäre es nicht sinnvoll, das Geld zurückzufordern. ein Der bürokratische Aufwand für die Rückforderungen würde die Einsparungen zu großen Teilen auffressen, wenn nicht übersteigen.

Bei den Zahlungen des Jobcenters für Schülermonatskarten handelt es sich um Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Die Zuständigkeit liegt hier also eindeutig beim Bund. Für die Jobcenter zuständig sind andererseits die Kommunen. Das Land ist in dieser Frage zunächst einmal ausgemischt. Eine bundeseinheitliche Empfehlung ist wichtig, damit eine Ungleichbehandlung vermieden wird.

Andererseits hält das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Nichtrückforderung sozial gerecht und rechtskonform. Dieser Einschätzung können wir uns als grüne Fraktion nur anschließen. Daher befürworten wir klar eine sozial verträgliche Lösung, die lautet: Das Geld wird nicht zurückgefordert.

Mehr Erleichterungen schaffen

Unabhängig vom Streit über die Rückerstattungen ist das Neun-Euro-Ticket ein voller Erfolg. Wir sehen, dass es die Attraktivität des ÖPNV deutlich gesteigert und einkommensschwache Haushalte entlastet hat. Ein Ende der Belastung ist leider noch nicht in Sicht. Wir müssen uns überlegen, wie wir die Erfolge der aktuellen Entlastungspakete auf Dauer stellen können.

Einen wichtigen Schritt im Bereich Mobilität ist das Land bereits gegangen. Das 365-Euro-Ticket bietet Jugendlichen ab Herbst eine kostengünstige Perspektive.

Deutschland hat ein Ungleichheitsproblem und das werden wir mit einer Nichtrückforderung beim Neun-Euro-Ticket nicht lösen. Aber diese Debatte unterstreich den Reformbedarf des Hartz-IV-Systems. Die Streichung der Sanktionen sind ein erster Schritt, das restriktive Hartz IV System zu reformieren.“