Soziales und Gesellschaft

Andreas Schwarz: Jetzt kommt es auf jeden Tag an

„Besonnen, beherzt und entschlossen – so führt uns Ministerpräsident Winfried Kretschmann durch diese Krise“, betont Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz in seiner Plenarrede im Nachgang der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsident*innen, bei der ein Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie bis zum 10. Januar 2021 beschlossen wurde.

Andreas Schwarz weiter:

„Die Lage ist dramatisch. Im November haben wir von einer Seitwärtsbewegung gesprochen. Die damals ergriffenen Maßnahmen waren jedoch nicht ausreichend, um das Virus zu stoppen. Und in den letzten Tagen zeigt sich, dass wir erneut in eine Exponentialfunktion kommen.

Dahinter stecken Schicksale - in der letzten Woche in Deutschland mehr als 3.000 Tote durch das Virus. Die Kliniken schlagen Alarm, viele Intensivbetten sind belegt und das Pflegepersonal ist Tag und Nacht im Einsatz. All das macht es notwendig, zu harten Maßnahmen zu greifen!

Wir haben die Schnellbremsung eingeleitet! Jetzt kommt es auf jeden Tag an!

Deswegen war es richtig, dass die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sich kurzfristig mit der Kanzlerin getroffen haben. Und es war richtig, dass Ministerpräsident Kretschmann bereits am Freitag weitgehende Beschränkungen durchgesetzt hat.

Der Schutz der Gesundheit, der Schutz der Bevölkerung, darum geht es jetzt.

Und daran mitzuwirken, dazu sind alle aufgerufen – auch hier in diesem Haus!

Es ist umso wichtiger, dass die jetzt vorgelegten Kontaktbeschränkungen auch eingehalten werden. Jetzt ist noch mehr Solidarität gefragt. Nur gemeinsam können wir diese schwere Krise meistern! Mit Solidarität, mit Bedacht, mit Empathie, und mit dem Wissen, dass jede Kontaktaufnahme eine Ansteckung bedeuten kann.

Daher möchte ich an dieser Stelle noch einmal all denen meinen Dank aussprechen, die diese Solidarität leben:

  • den Bürgerinnen und Bürgern, die harte Maßnahmen hinnehmen und umsetzen,
  • den Pflegerinnen und Pflegern, den Ärztinnen und Ärzten, die in Krankenhäusern, bei Tests und bald in Impfstationen Dienst tun,
  • den Lehrkräften und Erzieherinnen und Erziehern, die Kindertagesstätten und Schulen am Laufen gehalten haben,
  • und den Polizistinnen und Polizisten, die dafür Sorge tragen, dass die Einschränkungen eingehalten werden.
  • Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die am Impfstoff arbeiten
  • Verwaltung des Sozialministeriums, des Wirtschaftsministeriums und des Kultusministeriums.

Im Kern geht es dabei um fünf Maßnahmen, die wirkungsvoll dabei helfen werden, das Virus zu stoppen.

1. Kontakte reduzieren

Die Begrenzung von Treffen auf fünf Personen und die Regelung, dass die eigene Wohnung nur noch aus triftigen Gründen verlassen werden darf – beides hilft, vermeidbare Kontakte zu reduzieren. Mir und meiner Fraktion ist es dabei wichtig, dass tagsüber der Aufenthalt in der freien Natur, die Bewegung im Freien weiter möglich ist. Das ist der Fall – niemand ist in seiner Wohnung eingesperrt!

An den eigentlichen Weihnachtsfeiertagen wird es zudem die Möglichkeit geben, mit Verwandten oder mit zwei Haushalten das Weihnachtsfest zu begehen.

2. weitgehende Schließung der Schulen ab Mittwoch

Wir haben die Schulen und Kindertagesstätten in den vergangenen Wochen offengehalten. Jetzt sind wir allerdings in einer Situation, in der eine Präsenz in den Schulen und Kitas nicht mehr gerechtfertigt ist. Wir begrüßen deswegen die klare Ansage, dass alle Schulen und Kitas ab Mittwoch im Land geschlossen sind, dass es für die Abschluss­jahrgänge eine Ausnahme gibt, und dass eine Notbetreuung eingerichtet wird.

3. weitgehende Schließung der Geschäfte ab Mittwoch

Ebenso halte ich es für richtig, dass ab Mittwoch die Mehrzahl der Geschäfte geschlossen haben und dass der Alkoholkonsum im öffentlichen Raum verboten ist. Lebensmittelläden und Apotheken bleiben ebenso wie weitere Geschäfte des täglichen Bedarfs geöffnet, auch das Take-Away wird weiter möglich sein. Dennoch trifft diese Maßnahme sehr viele Einzelhändler. Und das mitten in der Weihnachtszeit. Aber es ist leider auch notwendig, denn volle Kaufhäuser und Menschentrauben vor Geschäften können wir uns in der jetzigen Infektionslage nicht leisten.

4. Hotspot-Strategie

Wir müssen zu Inzidenzwerten unter 50 zurückkommen. Das wird nicht in allen Landkreisen und Landesteilen gleichermaßen und gleichzeitig gelingen. Deswegen ist es richtig, hier zu differenzieren und für Hotspots strengere Maßstäbe anzulegen, was in Baden-Württemberg ja bereits der Fall ist.

5. Appelle zu Home-Office/Betriebsferien und Vermeidung nicht notwendiger Reisen

Die dringende Bitte an alle Arbeitgeber, überall dort, wo das möglich ist, auf Home-Office und mobiles Arbeiten umzusteigen. Das ist kaum staatlich zu regeln, aber ein ganz wichtiges Instrument, um die Kontakte zu reduzieren. Wo dies nicht geht, sind auch vorgezogene oder verlängerte Betriebsferien denkbar.

Meine Damen und Herren

das Virus wird uns auch im Jahr 2021 fordern. Es ist daher notwendig, jetzt zu klären, was das für den Januar, den Februar, den März bedeutet.

Deswegen bin ich froh darüber, dass Minister Lucha hier vorgelegt hat. Dies betrifft etwa die Impfstrategie. Baden-Württemberg ist gut vorbereitet, um die Impfungen in die Fläche zu bringen, sobald der Impfstoff bei uns ankommt.

Wir benötigen einen Plan, wie es ab Mitte Januar mit den Schulen weitergehen soll, im Januar, im Februar, im März. Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, die Schulen – und die Kinder – müssen wissen, auf was sie sich einstellen können.

Viele Schulen sind bereit, den Unterricht teilweise oder ganz digital umzusetzen. Die technische Infrastruktur steht – auch mit den Lehrer-Dienstgeräten, die wir jetzt ermöglichen. Diese Schulen benötigen eine sichere Möglichkeit, digitalen Unterricht anzubieten, in Wechselmodelle zu gehen.

Da, wo kein Fernunterricht möglich ist, geht es um Lüftung, um größere Räume, auch um die Ausgabe der FFP2-Masken an Lehrerinnen und Lehrer. Das gilt insbesondere für die Grundschulen und die Sonderpädagogischen Zentren!

Wir schlagen daher vor, möglichst schnell einen runden Tisch einzuberufen, an dem alle am Schulleben beteiligten Platz haben, und bei dem darüber gesprochen wird, wie der Schulunterricht im zweiten Halbjahr aussehen kann.

Meine Damen und Herren,

die Lage ist ernst, aber gemeinsam können wir es schaffen, gestärkt aus der Krise zu kommen. Unser Plan dafür heißt Zukunftsland Baden-Württemberg. Wir wollen, dass Baden-Württemberg der führende Standort für Maschinenbau und Automobilwirtschaft bleibt. Die Corona-Krise hat den Strukturwandel und die notwendige Transformation noch einmal beschleunigt. Mit dem Strategiedialog Automobil gibt es hier eine gute Grundlage.

Wir haben jetzt noch einmal umfangreiche Investitions- und Innovationsprogramme aufgelegt, um den Standort zukunftssicher zu machen. Dazu gehört die Wasserstoffstrategie. Und dazu gehört unser großes Programm BW Invest.

Denn wir müssen jetzt den Innovationsmotor ankurbeln, damit Baden-Württemberg morgen der führende Standort bleibt.

Wir wollen den Wohlstand erhalten und Arbeitsplätze sichern.

Das ist der baden-württembergische Weg – und dafür stellen wir jetzt die Weichen!

Ich rege an, dass wir im Frühjahr ein Neustart-Programm für den Einzelhandel auflegen, für stationäre, inhabergeführte Geschäfte. Denn die sind es doch, die unsere Innenstädte überall im Land so lebendig und lebenswert machen.