Mobilität

Lindlohr zum Batterie-Antrieb: "Der Markt ist reif"

Der Landtag debattiert über den Autoantrieb der Zukunft. Wohin muss Baden-Württemberg steuern, um den Wohlstand der Zukunft zu sichern? Wir wissen: Wer nicht lernt, klimaneutral zu wirtschaften, wird irgendwann vom Markt weggefegt.

Deshalb wollen wir Grüne, dass das Auto ohne CO2-Emissionen hier entwickelt, gebaut und verkauft wird. „Autos sind unser Exportschlager. Daher kommt es darauf an, ob wir es als Autoland schaffen, das anzubieten, was weltweit nachgefragt wird“, sagt unsere Wirtschaftsexpertin Andrea Lindlohr. 

Die gesamte Rede im Wortlaut:


Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

Es ist Sonntag Nacht, 2. Februar 2020, und rund 800 Millionen Menschen auf der ganzen Welt schauen sich ein großes Sportereignis an, den Super Bowl. Viele davon sehen eine Autowerbung aus Baden-Württemberg.

Es geht vom Porschemuseum raus auf die Straße, ein kurzer Halt auf dem Schlossplatz, und ab geht es nach Heidelberg. Mit dem Porsche Taycan.

Dieses batterieelektrische Auto wird bei uns gebaut.  Hier in Stuttgart. Sechs   Milliarden Euro investiert das Unternehmen dafür. Es entstehen 2000 neue Arbeitsplätze.

Und es ist Mittwoch Morgen in Stuttgart, 5. Februar, und die FDP erklärt diesem Unternehmen, sie erklärt den Beschäftigten und allen anderen Leuten:

Elektroautos seien ein Irrweg. Alles Schrott.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit einer solchen Technologiefeindlichkeit, die die FDP an den Tag legt, ist kein Staat und auch kein Markt zu machen!

Und darum folgen wir Ihnen nicht auf Ihrem Irrweg! Wir, diese Koalition, wir gestalten den Automobilstandort und die Transformation unserer Automobilwirtschaft technologieoffen, ökologisch und im vollen Bewusstsein der globalen Veränderungen auf dem Markt. So sichern wir Arbeitsplätze in Baden-Württemberg, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Automobilwirtschaft steckt im größten Wandel ihrer Geschichte.

Das fossile Zeitalter geht zu Ende, und das ist gut so. Wer langfristig nicht lernt, klimaneutral zu wirtschaften, der wird irgendwann vom Markt weggefegt werden. Und das wollen wir nicht. Wir wollen, dass das Auto ohne CO2-Emissionen und die Mobilitätskonzepte ohne CO2-Emissionen hier entwickelt, gebaut und verkauft werden.

Wir bringen Unternehmen, Beschäftigte, Wissenschaft und Politik zusammen, damit das gelingt. Wir fördern die Elektromobilität zum Beispiel mit der Ladeinfrastruktur und wir machen Baden-Württemberg zum technologischen Vorreiter beim Wasserstoff! Zum Beispiel mit der Forschungsfabrik HyFab Baden-Württemberg.

Die FDP-Fraktion fordert eine einseitige Fokussierung auf die Wasserstofftechnologie. Mit ein paar Mythen und längst widerlegten Thesen möchten Sie die Alltagstauglichkeit der batterieelektrischen Technologie anzweifeln. Einige dieser Punkte haben Sie, Herr Rülke, jetzt auch genannt.

Weitere finden sich auf der Fraktionshomepage und in ihrer Broschüre. „Geringe Reichweiten, lange Ladezeiten und ein unzureichendes Netz an Ladestationen“ steht da als Argument gegen Elektromobilität.

Wie ist es in Wirklichkeit? Dank dem „Flächendeckenden Sicherheitsladenetz für Elektrofahrzeuge“ (SAFE) verfügt Baden-Württemberg bereits seit September als erstes Bundesland über ein flächendeckendes Ladenetz für Elektroautos in einem 10-Kilometer-Raster. Die Schnelladesäulenäulen befinden sich im 20-Kilometer-Raster. Das sind mehr als 450 Ladestationen.

Das ist die Leistung des Strategiedialogs Automobilwirtschaft. Mal am Beispiel des neuen EQC von Daimler: Wenn ich 100 Kilometer laden will, brauche ich dafür 10 Minuten. Einmal Kaffee holen. Über Nacht daheim an der Wallbox kann ich maximal laden. Einmal die Augen zu machen für über 400 km Reichweite. Und übrigens, wie viel fährt der durchschnittliche Pendler laut Bundesverkehrsministerium täglich: 39 Kilometer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zu der Behauptung aus der FDP-Broschüre gibt es einen Fachbegriff. Der heißt: Reichweitenangst. Der ist tatsächlich schon in den 90er Jahren entstanden.

Tatsächlich ist das Reichweitenproblem in der Realität gelöst. Manchmal bleibt trotzdem eine Angst übrig. Zum Beispiel, wenn politische Kräfte sie schüren. Dazu ein passendes Zitat:

"Aus Made in Germany ist längst German Angst geworden. Deutschland traut sich nichts mehr, Risiken werden groß- und Chancen kleingeschrieben".  Das sagt: Christian Lindner.

So hat er im Mai 2015 zum FDP-Bundesparteitag ihr neues Motto begründet. Und das haben wie seither ja oft gehört. Fakt ist: Wer steht mit seiner Elektroauto-Verdammung für die Angst? Die FDP! Und wer packt an und löst Probleme: Das sind wir!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

für das klimaneutrale Wirtschaften, das wir langfristig erreichen müssen, brauchen wir einen ganzen Fächer von Technologien. Viele davon kennen wir heute sicher noch nicht.

Wasserstoff ist ein wichtiger Energieträger. Er kann der Türöffner zu neuen Lösungen sein. Aber: Wasserstoff muss man erst einmal herstellen. Und dafür braucht man Strom. Jetzt wissen wir ja schon, dass die FDP gegen Elektromobilität ist. Und gegen welche Technologie kämpft die FDP noch?  Genau, gegen Windkraft! Und das schon seit vielen Jahren. Vor sechs Jahren, im April 2014  verkündeten Sie, Herr Rülke, zum Beispiel: „Wir wenden uns von der Windkraft ab.“

Und wir alle kennen Ihr Schlechtmachen der Windkraft hier aus dem Plenum. Da waren Sie früher hier der Radikalste, heute werden Sie noch von der AfD getoppt.

Beim Brennstoffzellenfahrzeug kommen 10 % bis 25 % der ursprünglichen Energie (je nach Berechnung) auf der Straße an, beim Batteriefahrzeug sind es 60 bis 70 %. Klar, wir wollen, dass die Brennstoffzelle und alle Wasserstofftechnologien noch besser werden. Darum ist Baden-Württemberg DER Forschungsstandort für Wasserstofftechnologien. Wir werben bundesweit mit Abstand die meisten Forschungsgelder zur Wasserstoffforschung ein.

Aber die Effizienz des direkten batterieelektrischen Antriebs KANN die Brennstoffzelle wegen der vielen Umwandlungsprozesse rein physikalisch nicht erreichen. Wenn Sie das Batteriefahrzeug in die Tonne treten wollen, dann müssen Sie mindestens drei Mal so radikal wie wir FÜR jedes Windrad kämpfen, Herr Rülke! Aber Pustekuchen. Man hat fast den Eindruck, dass Sie meinen, der Strom kommt aus der Steckdose! Mobilität ist ein hohes Gut. Mobilität bedeutet nicht nur unseren Bürgerinnen und Bürgern viel, sondern global. Mobilität ist viel mehr als Autos. Autos sind der Exportschlager Baden-Württembergs. Wirtschaftspolitisch, für die Arbeitsplätze bei uns kommt es darauf an, ob wir als Autoland schaffen das anzubieten, was global nachgefragt wird. Der fossil betriebene Verbrennungsmotor läuft aus!

Bei der Batterieelektrik ist der Markt reif. Wir rollen Ladesäulen aus und wir haben damit das Henne-Ei-Problem der Elektromobilität gelöst. Beim Wasserstoff, bei der Brennstoffzelle, auch bei den synthetischen Kraftstoffen ist noch einiges an Forschung notwendig.

Deswegen unternehmen wir als Koalition mit dem neuen Haushalt 20/21 eine große Anstrengung für die Brennstoffzellenforschung und für Wasserstoff. 100 Mio. €, wenn sie das alles zusammenrechnen. Sie verteufeln die verfügbare Technologie. Und machen ein nicht greifbares, umfassendes Heilsversprechen auf der Basis von Wasserstoff. Die Botschaft dahinter ist: Im Moment kann alles so bleiben wie es ist. Auch der Verbrennungsmotor: der soll ja auch Teil ihrer Wasserstoffwelt sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wer stehen bleibt, verliert! Dieses falsche Versprechen der FDP gefährdet Arbeitsplätze bei uns! Also, wohin will Baden-Württemberg? Will unser Land mit der mit der FDP in die Angst und die Technologiefeindlichkeit. Oder wollen die Baden-Württemberger und Baden-Württembergerinnen mit uns die Transformation der Automobilwirtschaft gemeinsam gestalten. Die Antwort liegt auf der Hand.

Und darum handeln wir für zukunftsträchtige Arbeitsplätze und für das Wohl der Bürgerinnen und Bürger!