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Salomon: "Wir brauchen ein zeitgemäßes Urheberrecht"

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Die deutschen Hochschulen streiten mit der Rechteverwertungsgesellschaft VG WORT über die Vergütung bei den sogenannten digitalen Semesterapparaten. Alexander Salomon, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion, warnt vor einem Rückfall in vordigitale Zeiten und fordert ein zeitgemäßes Urheberrecht. Warum steht die geplante Rahmenvereinbarung zum Urheberecht zwischen der VG Wort und der KMK derzeit in der Kritik? Alexander Salomon: Der zentrale Kritikpunkt richtet sich gegen die geplante Regelung, dass künftig elektronische Auszüge aus Büchern und wissenschaftlichen Zeitschriften in Vorlesungen, Übungen und Seminaren nur dann zur Verfügung gestellt werden sollen, wenn jeder Textausschnitt einzeln an die VG Wort gemeldet und mit ihr abgerechnet wird. Diese Einzelabrechnung lehnen wir ab, denn sie legt den Hochschulen und Universitäten hohe bürokratische Hürden in den Weg. Das haben die Ergebnisse des Pilotprojekts an der Hochschule Osnabrück gezeigt. Die Alternativen sind Literaturlisten auf Papier - ein Rückfall in vordigitale Zeiten. Deshalb begrüßen wir es, dass jetzt Bewegung in die Sache kommt: Die Hochschulrektorenkonferenz, die Kultusministerkonferenz und die VG Wort beauftragen eine gemeinsame Arbeitsgruppe, um eine einvernehmliche Lösung für die Handhabung des Urheberrechts zu entwickeln. Wir hoffen, dass damit einem drohenden Rückschritt in der digitalen Lehre noch in letzter Minute abgewendet werden kann. Die grundsätzliche Problematik ist dadurch aber nicht gelöst, sondern nur verschoben. Dabei zeigt die Debatte einmal mehr, dass eine Überarbeitung des Urheberrechts überfällig ist. Wie muss das Urheberrecht ausgestaltet sein, um wissenschaftsfreundliche Bedingungen zu schaffen? Salomon: Wir brauchen ein zeitgemäßes Urheberrecht, das einen fairen Ausgleich schafft. Das heißt, es muss Kulturschaffenden eine gerechte Vergütung sichern, aber gleichzeitig die Interessen von Nutzerinnen und Nutzern berücksichtigt.  Dafür muss es verständlich formuliert und leicht handhabbar sein und sich an den Nutzungsrealitäten orientieren. Gerade im wissenschaftlichen Umfeld liegt in den digitalen Möglichkeiten der Langzeitarchivierung ein erhebliches Potential.  Wir brauchen effektive und effiziente Lern- und Forschungsumgebungen an unseren Hochschulen und Universitäten. Wir müssen in Baden-Württemberg ein attraktives Umfeld für Gründer mit innovativen Ideen schaffen. Dafür ist ein einfacher Zugang zu Forschungsergebnissen unerlässlich. Was passiert politisch in diesem Bereich? Die Bundesregierung hat eine Reform 2013 im Koalitionsvertrag verankert, ist die Umsetzung aber bislang schuldig geblieben. Eine umfassende Bildungs- und Wissenschaftsschranke im deutschen Urheberrecht fehlt bisher. Sie würde es Lehrenden, Lernenden und Forschenden erleichtern, publizierte Werke für den nicht gewerblichen, wissenschaftlichen Gebrauch genehmigungsfrei und ohne Einschränkungen zu nutzen. Eine solche Regelung ist im digitalen Zeitalter für die Zukunftsfähigkeit einer Wissenswirtschaft und Wissensgesellschaft überfällig. Derzeit wird im Bundesrat der europäische Vorstoß zur Harmonisierung des Urheberrechts diskutiert. Wir fordern hier eine handhabbare und vertragsfeste Schrankenregelung für Wissenschaft und Bildung. Auch das baden-württembergische Wissenschaftsministerium mit unserer Ministerin Theresia Bauer ist in diese Richtung aktiv geworden. Ich setze darauf, dass der Bundesrat am heutigen Freitag kluge Beschlüsse zum Entwurf für eine europäische Richtlinie für ein modernes europäisches Urheberrecht fällt.