Finanzen und Haushalt

Aus dem Plenarsaal auf die Baustelle

Während andere die Sommerferien genießen, sucht Abgeordnete Susanne Bay tatkräftig neue Herausforderungen. Um hautnah zu erleben, wie ihr politischer Gegenstand in der Realität aussieht, absolvierte sie ein zweitätiges Praktikum auf der Baustelle.

©Fraktion

Es ist ein schwüler Sommertag in Abstatt bei Heilbronn. Die Sonne scheint, nur ein paar Schäfchenwolken sind am Himmel sichtlich. Während vorbeischlendernde Passanten in der Hitze vor einer Eisdiele haltmachen, herrscht am anderen Ende der Straße geschäftiges Treiben. Sechs Bauarbeiter und eine Bauarbeiterin tragen Betonsteine, mischen Zement und mauern Wände, um gemeinsam ein Acht-Familienhaus zu errichten. Der Grundstock hierfür ist bereits gelegt: Eine Tiefgarage für die zukünftigen Bewohner, in der Autos und Fahrräder gelagert werden können sollen.

Erst auf zweiten Blick fällt auf, dass eine der Arbeitenden aus der Menge herausfällt. Es ist Susanne Bay, Abgeordnete von Heilbronn und politische Sprecherin für Bauen und Wohnen, die an ihrem zweiten Praktikumstag Gussformen für den Beton aus der einen Baustellenecke in die andere räumt. „Die habe ich vorhin auch poliert“, erklärt sie erschöpft, aber sichtlich stolz. Denn nur zuschauen, das möchte die Abgeordnete auf keinen Fall. „Ich möchte wirklich nach allen Kräften mithelfen, das ist mir sehr wichtig. Ich habe von Anfang an gehofft, nicht verhätschelt zu werden, sondern tatsächlich mit anpacken zu können- dieser Wunsch wurde mir erfüllt.“

„Ich will als Sprecherin für das Thema Bauen und Wohnen nicht nur über etwas sprechen, sondern auch wissen, wovon ich da spreche. Das Praktikum gibt mir die Möglichkeit,  dass ich mir ein authentisches Bild davon mache, wie es sich anfühlt, auf dem Bau zu arbeiten.“ Ihre Hauptmotivation: Eine Ahnung davon zu bekommen, wie ihr politischer Gegenstand in der Realität aussieht, das war die Hauptmotivation, die Abgeordnete Susanne Bay dazu veranlasste, ein zweitätiges Praktikum in einer Baufirma zu absolvieren.

Der Alltag auf der Baustelle ist nichts für Langschläfer. Aufstehen um fünf Uhr morgens, Arbeitsantritt auf der Baustelle um viertel vor sieben. Die erste Pause gibt es - wie für alle anderen auch erst um zwölf Uhr mittags. Ende eines langen Arbeitstages:  um fünf Uhr am Nachmittag.  „Ich habe einfach alles, was möglich ist, ausprobiert: Betonschalen abgeputzt, Paletten geschleppt und zusammengenagelt, Steine gemauert und einen Kran gelenkt.“

Im Praktikum werden für Bay die Hintergründe ihrer politischen Arbeit in der Praxisdeutlich: „Durch den Perspektivwechsel aus dem Plenarsaal auf die Baustelle weiß ich jetzt, wieviel Arbeit dahinter steckt, wenn ich über das Bauen von Häusern spreche,. Das reicht von den Plänen der Architekten, über die Arbeit des Statikers, des Meisters auf der Baustelle, der alle anleitet, und der Arbeiter, die diese Anleitungen umsetzen müssen- sie alle haben meinen größten Respekt!“Und die neue Erfahrung bringt Bay auch Einsichten für die politische Arbeit: „Ich habe einfach nochmal gesehen, dass es in einem solchen Beruf nicht möglich ist bis 67 zu arbeiten. Bei dieser täglichen körperlichen Anstrengung  bei Wind und Wetter über Jahre hinweg- irgendwann hat man sich den Ruhestand einfach verdient.“ So sollte dieser nach fünfundvierzig  Berufsjahren, eventuell sogar früher, gegeben sein: „Da muss einfach job- und belastungsbedingt differenziert werden.“

Nicht nur in der Politik, auch auf der Baustelle beweist sich Bay als Powerfrau. Ihr persönliches Fazit: „Ich würde es direkt wieder machen! Ich überlege auch schon, welchen Beruf ich nächstes Jahr entdecken könnte. Vielleicht ein Praktikum bei einem Elektriker oder einem ähnlich praktischen Beruf. Für uns PolitikerInnen ist es wichtig, dass wir hin und wieder einen Realitätscheck unternehmen. . Und ganz ehrlich“, ergänzt sie, während sie eine weitere Gussform hochhebt, „ich freue mich auch einfach schon darauf, hier nächstes Jahr vorbeizufahren und mir denken zu können: Das Haus habe ich selbst mitgebaut!“