Wie geht ressourceneffizientes Wirtschaften?

Welche Potenziale stecken für Wirtschaft in effizienterem Umgang mit Ressourcen? Und auf welchem Weg kann die baden-württembergische Landespolitik Impulse setzen, um ressourceneffizientes Wirtschaften zu fördern? Antworten auf diese Fragen suchten rund 40 Personen mit den Fachpolitikerinnen und -politikern der grünen Landtagsfraktion, sowie mit den geladenen Expertinnen und Experten im Landtag. Geladen hatte der Arbeitskreis (AK) Umwelt und Energie in Kooperation mit dem AK Finanzen und Wirtschaft. „Wir hatten eine vielschichtige und erhellende Diskussion“, sagt Daniel Renkonen, Vorsitzender des AK Umwelt und Energie. „Es wurde deutlich, dass für Baden-Württemberg enorme ökonomische und ökologische Potenziale im ressourceneffizienten Wirtschaften stecken.“ Renkonen moderierte die Veranstaltung, die aus zwei Impuls-Vorträgen und einer Podiumsdiskussion bestand. Eingeladen war unteranderem der grüne Europapolitiker Reinhard Bütikofer. Er plädierte zu Eingang der Veranstaltung für mehr Mut im politischen Umgang mit dem abstrakten Thema Ressourceneffizienz. Denn „ressourceneffizientes Wirtschaften ist die einzige Grundlage für eine erfolgreiche Konkurrenzfähigkeit der europäischen Wirtschaft“, so Bütikofer. Denn die sich abzeichnende Rohstoffknappheit der europäischen Staaten mache ein baldiges Handeln unausweichlich. Bütikofer schlägt vor, diese vermeintliche Schwäche in eine Stärke zu verwandeln. Mit einer Technologieführerschaft auf dem Gebiet ressourcenschonender Produktionstechniken könne die taktisch schlechte Position der ressourcenarmen Europäer auf dem Ressourcenmarkt mehr als ausgeglichen werden. Den aktuellen Stand der Forschung präsentierte Prof. Dr. Mario Schmidt im zweiten Vortrag. Er machte deutlich, dass das Messen und Identifizieren von Potentialen zur Ressourceneinsparung auf betriebswirtschaftlicher Ebene längst möglich sei. Ein Beispiel hierfür sind die sogenannten Stromflussmodelle, anhand deren Optimierungsmöglichkeiten identifiziert werden können. Viele Unternehmen könnten so bereits heute ihre Effizienz im Umgang mit Materialien steigern. Dass sie dies aber noch nicht tun sei vor allem ein Problem der Unternehmenskultur. „Erst wenn der Gedanke des ressourceneffizienten Wirtschaftens in den Köpfen der Unternehmer und deren Mitarbeiter ankommt, wird ressourceneffizientes Arbeiten möglich“, so Prof. Schmidt. Ein solcher Wandel der Unternehmenskultur werde allerdings einige Jahre dauern. In der Podiumsdiskussion kamen zudem drei weitere Referenten zu Wort. Prof. Dr. Angelika Zahrnt, Ehrenvorsitzende des BUND und studierte Volkswirtschaftlerin, warnte davor, ressourceneffizientes Wirtschaften nicht isoliert zu betrachten. „Wenn wir Ressourcen einsparen wollen, müssen wir uns auch fragen, welche Lebensstile wir pflegen“, gab Zahrnt zu bedenken und ergänzte: „Mieten statt Besitzen und Reparieren statt Wegwerfen sind zwei Ansätze, um ressourcenärmer zu wirtschaften und zu leben.“ Auf dem Podium waren auch Stimmen aus der Wirtschaft vertreten. Dr. Michael Faller, Geschäftsführer eines mittelständischen Verpackungsherstellers, hat in seinem Unternehmen bereits vor mehreren Jahren ein Umweltmanagement etabliert. „Wir haben festgestellt, dass die Materialkosten durch geschickte Preisverhandlungen kaum mehr gesenkt werden können. Durch ressourceneffizientes Produzieren gelingt dies aber noch“, meinte Faller. Ohne speziell geschulte Mitarbeiter sei ein besonders ressourceneffizientes Wirtschaften aber nicht möglich. Es sei zwar teuer, die Mitarbeiter zu qualifizieren, es zahle sich aber aus, ist der Praktiker überzeugt. Einen Fokus auf Kleinunternehmen warf Oskar Vogel, Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages. Der durchschnittliche Handwerksbetrieb in Baden-Württemberg habe sechs Mitarbeiter und nicht die Personalressourcen, sich systematisch mit der Optimierung der Ressourceneffizienz im Betrieb zu beschäftigen. „Da geht das kurzfristig angefallene Geschäft einfach vor“, gab Vogel zu bedenken. Hier könne die Politik durch Beratungsmaßnahmen und Informationsstellen handeln. In der offenen Diskussion wurde deutlich, dass das Thema Materialeffizienz im Gegensatz zur Energieeffizienz bisher sträflich vernachlässigt wird. Doch über die verschiedenen politischen Ebenen hinweg – von der EU-Ebene bis auf Landesebene – fehle eben ein herausstechendes Programm oder ein konkreter Ansprechpartner zum Thema ressourceneffizientes Wirtschaften. Der Europapolitiker Bütikofer schlug daher eine Ressourceneffizienz-Allianz aus politischen Akteuren, Unternehmen und Zivilgesellschaft vor. „Denn die Politik alleine kann dieses Thema nicht nachhaltig vorantreiben“, so Bütikofer. Zudem wurde diskutiert, inwieweit ordnungspolitische Maßnahmen, die ressourceneffizientes Wirtschaften fördern, eine Option sein können. Prof. Zahrnt schlug in diesem Zusammenhang vor, über ein Plastiktüten-Verbot nach dem Vorbild Italiens nachzudenken. Das Schlusswort der Veranstaltung hielt die Vize-Fraktionsvorsitzende Andrea Lindlohr. Sie bedankte sich für eine spannende Diskussion mit hochwertigen Impulsen, die sie mit in die parlamentarische Arbeit nehmen werde. Als externe Referenten waren dabei:

  • Reinhard Bütikofer (Sprecher der grünen Europagruppe im Europäischen Parlament),
  • Prof. Angelika Zahrnt (Ehrenvorsitzende des BUND und langjähriges Mitglied des Nachhaltigkeitsrates der Bundesregierung),
  • Prof. Dr. Mario Schmidt (Professor für ökologische Unternehmensführung an der Hochschule Pforzheim),
  • Dr. Michael Faller (Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens mit besonderem Auge für umweltoptimierte Produktionsprozesse), sowie
  • Oskar Vogel (Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages).