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Lehren aus der Sojaproduktion in Brasilien

Im Süden Brasiliens informierten sich die Mitglieder des Arbeitskreises Ländlicher Raum und Verbraucherschutz der Fraktion Grüne gemeinsam mit dem Landtagsausschuss über den Anbau und die Vermarktung von GVO (Gentechnisch veränderter Organismus)-freier und GVO-veränderter Soja. Außerdem standen für die  Abgeordneten Dr. Markus Rösler, Sandra Boser, Martin Hahn, Dr. Bernd Murschel und Reinhold Pix auf ihrer Reise die Entwicklung der Ländlichen Räume, der Weltagrarhandel und der Anbau von Energiepflanzen wie beispielsweise Zuckerrohr auf dem Programm. Brasilien baut aktuell auf 27,3 Mio. ha (38%) seiner landwirtschaftlichen Fläche Sojabohnen an. Der größte Teil davon für den weltweiten Futtermittelmarkt. Soja wird sowohl von bäuerlichen als auch großen agrarindustriell geprägten Betrieben angebaut, die für den Weltmarkt produzieren. 90% der angebauten Soja wird als gentechnisch veränderte Soja vermarktet. Nur die kontrollierten und zertifizierten Bohnen können als GVO-frei auf dem Weltmarkt verkauft werden. Für gentechnikfreie Sojabohnen zahlen die Abnehmer einen Aufpreis, dadurch wird die Wertschöpfung gegenüber gentechnisch veränderter Soja ausgeglichen. Insbesondere die fehlende Infrastruktur und die hohen Kosten für Zertifizierung und Trennung verteuern gentechnikfreie Soja. Ein großes Potential zur Vermarktung von GVO-freiem Soja besitzt der inländische Lebensmittelmarkt, der aber noch kaum erschlossen ist. Außerdem hoffen die Anbauer auf eine steigende Nachfrage in Europa. „Wir können den Anbauern Hoffnung machen: 80% der Verbraucherinnen und Verbraucher lehnen Gentechnik in Lebensmitteln ab. Was gentechnisch veränderte Futtermittel betrifft, gibt es noch viel zu tun, solange sie nicht gekennzeichnet werden müssen, ist es den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht möglich, frei zu wählen. Die Positivkennzeichnung „GVO-frei“ war zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus, ist Sandra Boser, verbraucherpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion überzeugt. In Brasilien gibt es eine Kennzeichnung gentechnisch veränderter Produkte („t“), die einerseits nahezu unbekannt ist, andererseits beispielsweise Sojaöl nicht betrifft, weil sie nur die Lebensmittel kennzeichnet, die Spuren von gentechnisch veränderten Organismen aufweisen. Das ist im Öl nicht nachweisbar, auch wenn es aus GVO-Soja hergestellt wurde. Die Besuche des Sojaforschungsinstituts EMPRAPA und eines Familienbetriebs zeigten: Viele Landwirte sind bereit, wenn der Markt wächst, gentechnikfrei anzubauen. Sie wollen Unabhängigkeit von den großen Unternehmen, die das gentechnisch veränderte Saatgut im Paket mit den von ihnen hergestellten Spritzmitteln verkaufen und hohe Lizenzgebühren für ihr Saatgut verlangen. Sie wollen selber entscheiden, wie sie produzieren. Bei der Produktion von genverändertem Soja tauchen immer mehr Probleme auf: Unkräuter werden resistent gegen die Spritzmittelwirkstoffe, so dass immer mehr Spritzmittel verwendet werden müssen. Die Auswirkungen der Rückstände auf die Umwelt sind noch kaum erforscht. In einer aktuellen Studie wurde der Wirkstoff Glyphosat, der sich insbesondere im von Monsanto vertriebenen Herbizid „roundup ready“ findet, im menschlichen Urin nachgewiesen. Außerdem steht Glyphosat im Verdacht bei Tieren Organschädigungen hervorzurufen. Der Arbeitskreisvorsitzende und Sprecher für Gentechnik der grünen Landtagsfraktion Dr. Markus Rösler ist überzeugt: „Was wir in Brasilien erfahren haben, bestätigt uns in dem Kurs den Markt für gentechnik-frei erzeugtes Soja in Baden-Württemberg zu stärken, und damit auch die Gentechnik-freie Produktion in Ländern wie Brasilien zu unterstützen.“ Baden-Württemberg stärkt die gentechnikfreie Produktion insbesondere seit dem Regierungswechsel 2011 durch verschiedene Maßnahmen: Die landwirtschaftlichen Landesanstalten füttern gentechnikfrei und es ist erklärtes Ziel der Landesregierung das baden-württembergische Qualitätszeichen QZBW gentechnikfrei zu gestalten. Dazu hat das Land eine bundesweit beachtete Initiative zum Anbau heimischer Eiweißfuttermittel auf den Weg gebracht.