Soziales und Gesellschaft

Große Anfrage: Zukunft des Ehrenamts in Baden-Württemberg

Wir fragen die Landesregierung:

  • Struktur des Ehrenamts in Baden-Württemberg

 

  1. Welches sind die Hauptbereiche ehrenamtlichen Engagements in Baden-Württemberg (wenn möglich, bitte Verteilung auf die Bereiche in Zahlen darstellen)?
  2. Wie hoch ist die Ehrenamtsquote in Baden-Württemberg, aufgeschlüsselt nach Stadt- und Landkreisen im Vergleich – sofern bekannt – mit anderen Bundesländern?
  3. Sind der Landesregierung Unterschiede in der Struktur der Beteiligungsformen zwischen urbanen und ländlichen Räumen in Baden-Württemberg bekannt?
  4. Wie bewertet die Landesregierung den Trend hin zu projektbezogenem, zeitlich begrenztem ehrenamtlichen Engagement?
  5. Wie schätzt die Landesregierung den Stellenwert der Digitalisierung hinsichtlich der Weiterentwicklung der ehrenamtlichen Strukturen im Land ein?

 

  • Heranführung neuer Zielgruppen an das Ehrenamt

 

  1. Welche Möglichkeiten schafft die Landesregierung, um einzelne gesellschaftliche Gruppen wie z. B. junge Menschen, Frauen, Menschen in der Familienphase, Menschen mit Behinderungen, bildungsferne Gesellschaftsschichten, Seniorinnen und Senioren stärker als bisher an das Ehrenamt heran und auch gezielt in die Vorstandsgremien von Vereinen zu führen?
  2. Welche konkreten Maßnahmen sollen für die vordringlichen Zielgruppen jeweils ergriffen werden?
  3. Inwieweit verfügt die Landesregierung über Erfahrungen bzw. Best-Practice Beispiele, wie Menschen mit Fluchterfahrungen an Ehrenämter herangeführt werden können und gibt es darüber hinaus Zahlen für Baden-Württemberg, die das freiwillige Engagement von Migrantinnen und Migranten wiederspiegeln, welches wegen der Methodik des Freiwilligensurvey nur bedingt abgebildet werden kann?

 

  • Engagementstrategie Baden-Württemberg

 

  1. Welche Handlungsempfehlungen der Engagementstrategie Baden-Württemberg wurden bisher in welcher Form umgesetzt?
  2. Wie hat sich die Engagementstrategie als fortlaufender, dynamischer Prozess weiterentwickelt?
  3. Wie wird das Förderprogramm „Gemeinsam in Vielfalt − Lokale Bündnisse für Flüchtlingshilfe“ angenommen, d. h. welche Mittel wurden bisher daraus abgerufen?
  4. Welche Erfahrungen wurden mit dem Aktionsfonds „Qualifiziert Engagiert“ bisher gemacht und wie viele Anträge wurden seit Februar 2016 gestellt?
  5. Gibt es erste Bewertungen und Ergebnisse des Förderprogramms „Gemeinsam sind wir bunt“?
  6. Wie bewertet sie den Ehrenamtspreis „ECHT GUT“?
  7. Wie viele Personen haben in den letzten zehn Jahren einen Engagementnachweis Baden-Württemberg als Anerkennung ihrer freiwillig geleisteten Arbeit beantragt?
  8. Spielt dieser bei der Bewerbung um Ausbildungs- und Studienplätze sowie bei der Einstellungspraxis im öffentlichen Dienst des Landes eine Rolle?
  9. Wie unterstützt die Landesregierung Ganztagsschulen, die häufig auf das Angebot von Vereinen und ihren Ehrenamtlichen setzen, in der Ausgestaltung der entsprechenden Angebote?
  10. Welche Möglichkeiten sieht sie, um Schülerinnen und Schüler im schulischen Rahmen, insbesondere auch im Rahmen der Ganztagsschule, an ehrenamtliche Aktivitäten heranzuführen?

 

  • Förderung des Ehrenamts und Weiterentwicklung der Anerkennungskultur

 

  1. Ist der Landesregierung bekannt, wie die über das Land abgeschlossenen Sammelverträge zur Ehrenamtsversicherung (Unfall und Haftpflicht) von Engagierten genutzt werden?
  2. Sind ihr weitere Landkreise bekannt, die nach dem Vorbild des Landkreises Göppingen ein „Bildungsprogramm Ehrenamt“ anbieten bzw. ein solches anstreben?
  3. Gibt es Erhebungen zur Bedeutung von Ehrenamt als Berufseinstiegsmöglichkeit, z. B. im Bereich des Wechsels von der Freiwilligen Feuerwehr in den hauptamtlichen Dienst?
  4. Ist der Landesregierung bekannt, wie viele Kommunen im Land Sonderleistungen für die Mitglieder ihrer Freiwilligen Feuerwehren (z. B. eine Löschrente oder ähnliches) anbieten?
  5. Liegen der Landesregierung Informationen darüber vor, wie oft Freistellungen für den Bereich der ehrenamtlichen Jugendarbeit in den letzten zehn Jahren (seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamts in der Jugendarbeit) erfolgt sind und ob es dabei Unterschiede zwischen Behörden und der Privatwirtschaft gibt?
  6. Wie bewertet sie die Umsetzung der Empfehlungen der „Längsschnitt-Studie Bürgermentoren“ das IfaS bezüglich der Erweiterung des Mentorenkonzepts?
  7. Wie bewertet sie grundsätzlich die Zahlung von Aufwandsentschädigungen bzw. Sachzuwendungen an Ehrenamtliche?
  8. Bestehen aus Sicht der Landesregierung bundesgesetzliche Vorgaben im Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht, die eine Stärkung des Ehrenamts im Land erschweren und welche Initiativen wird sie gegebenenfalls dagegen ergreifen?
  9. Wie bewertet die Landesregierung eine Stärkung der Anerkennung des Ehrenamts durch die Anrechnung von Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung?
  10. Gibt es Überlegungen, einen Landes-Ehrenamtspreis für in der Flüchtlingshilfe besonders engagierte Personen und Vereine einzuführen?
  11. Welche Möglichkeiten sieht sie, das ehrenamtliche Engagement von Jugendlichen, beispielsweise durch die Schaffung einer speziellen Ehrung für Jugendliche, besonders zu würdigen?
  12. Welche Möglichkeiten sieht sie, kleine Vereine ohne Dachverbände, insbesondere aus dem sozialen Bereich, zu unterstützen?

Begründung:

Baden-Württemberg ist das Land des Ehrenamts. Die Landesregierung hat in den letzten Jahren auf vielfältige Art und Weise zukunftsweisende Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt gefördert und ausgebaut.

Das wollen wir erhalten und fortführen durch eine weitere Stärkung der Anerkennungskultur, durch Wertschätzung der vielfältigen Initiativen, durch den Abbau von Hemmnissen sowie durch strukturelle Erleichterungen. Zudem halten wir es für wichtig, diese Bemühungen differenziert auf spezifische Zielgruppen wie Menschen in der Familienphase oder Rentner­innen und Rentner auszurichten.

Diese Große Anfrage soll daher einen Überblick geben, welche Fortschritte in den verschiedenen Bereichen des bürgerschaftlichen Engagements bereits gemacht wurden und welche weiteren Schritte sich daraus für die zukünftige politische Arbeit ergeben.

Denn bürgerschaftliches Engagement ist ein Gewinn für die Gesellschaft und die lebendige Grundlage unserer Demokratie, in der sich alle Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft oder sozialem Status engagieren können. Eine aktive Bürgergesellschaft braucht möglichst viele ehrenamtlich engagierte Menschen, die sich einbringen und sich für die Integration von Menschen in die Gemeinschaft, wie auch für den Erhalt und die Weitergabe kultureller Werte einsetzen.

Das Ehrenamt ist damit zentral für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land.