Kunst und Kultur

Große Anfrage: Bedeutung, Nutzung und Bewirtschaftung der baden-württembergischen Kulturliegenschaften

Wir fragen die Landesregierung:

Zur kulturellen und historischen Bedeutung der Schlösser und Gärten des Landes:

  1. Welche kulturelle und historische Bedeutung nehmen die Kulturliegenschaften der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (SSG) für sie ein?
  2. Wie stellt sie den Erhalt und die Bewahrung der SSG-Monumente ggfs. auch über die Akquirierung von Fördermitteln von Bund, EU und aus privaten Quellen finanziell sicher und nach welchen Kriterien wird sie selbst als Käuferin aktiv?
  3. Inwiefern kooperieren die SSG mit Eigentümerinnen und Eigentümern von Kulturliegenschaften in Privatbesitz, die von historischer und kultureller Bedeutung für das Land sind oder mit Ehrenamtlichen und Vereinen, bzw. unterstützt das Land dieses zivilgesellschaftliche Engagement?
  4. In welchem Maße fördert das Land – auch unter Einwerbung von Mitteln von Bund, EU und aus privaten Quellen – künstlerische und kulturelle Veranstaltungen in den SSG-Kulturliegen-schaften durch finanzielle Unterstützung, Nutzungsüberlassung oder Kooperation z. B. mit anderen Kunsteinrichtungen des Landes, wie den Staatstheatern und Orchestern?
  5. Welche Maßnahmen ergreift das Land, um die den SSG überlassenen Kulturliegenschaften als Bestandteil einer diese verbindenden gemeinsamen Geschichte Baden-Württembergs der Öffentlichkeit erschließbar zu machen, z. B. anlässlich großer Landesausstellungen oder besonderer Jubiläen?
  6. Zur touristischen und wirtschaftlichen Rolle der Staatlichen Schlösser und Gärten:
  7. Welchen Rang und welche Bedeutung nehmen die SSG für das Land anhand der Entwicklung ihrer Besucherzahlen auch im Vergleich mit anderen deutschen Schlossverwaltungen – sofern bekannt – als Tourismusstandort ein?
  8. Wie nehmen sich das Budget und die personelle Ausstattung der SSG für deren unterschiedliche Aufgabenbereiche aus?
  9. In welchem Maße stellen die den SSG überlassenen Kulturliegenschaften mit ihren Beschäftigten und das erzielte Besucher- und Gästeaufkommen einen wirtschaftlichen Standortfaktor für ihre jeweilige Region und das Land in der Gesamtheit dar?
  10. Kooperieren die SSG hierbei mit der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg und mit lokalen, überregionalen und grenzüberschreitenden Tourismusangeboten, z. B. von Heilbädern, durch Teilnahme an Touristenkarten wie der Hochschwarzwald-Card und durch die Bündelung des Eintritts mit Fahrkarten des öffentlichen Personennahverkehrs oder mit Eintrittskarten zu anderen Landesbesitztümern, wie z. B. staatlichen Weingütern?
  11. Welche Strategie verfolgen die SSG, um die Kulturliegenschaften für Gäste aus dem In- und Ausland attraktiv zu gestalten?
  12. Mit welchen Werbemaßnahmen und Angeboten werden unterschiedliche Zielgruppen angesprochen, um die Verweildauer der Gäste in Baden-Württemberg durch Kooperation mit weiteren Tourismusangeboten (z. B. im Bereich nachhaltiger oder Rad-Tourismus) zu erhöhen?
  13. Wie gestaltet sich das Auslandsmarketing der SSG z. B. durch Nutzung der Landesvertretungen in Berlin und Brüssel?
  14. Wie haben sich der jährliche Aufwand und die erzielten Erträge hinsichtlich einer wirtschaftlichen Nutzung z. B. – sofern bekannt – im Vergleich mit anderen deutschen Schlösserverwaltungen in den letzten zehn Jahren entwickelt?

Zur pädagogischen, demokratiepolitischen und gesellschaftlichen Nutzung der landeseigenen Kulturliegenschaften:

  1. Inwiefern werden die SSG-Monumente für die Vermittlung pädagogischer Fragen hinsichtlich des Wissens um die historische Entwicklung Baden-Württembergs und seiner Regionen, der Bedeutung von Denkmalschutz und Denkmalerhalt, der Verantwortung gegenüber der Geschichte und zur politischen Bildung genutzt?
  2. Inwiefern kooperieren die SSG hierbei (z. B. mit der Landeszentrale für politische Bildung oder weiteren Institutionen sowie Vereinen) und fördern Veranstaltungen durch Nutzungsüberlassung oder finanziell auch mit Mitteln aus Bund, EU und aus privaten Quellen?
  3. Verfügen die SSG über spezielle zielgruppenspezifische Angebote, um die Geschichte und Kultur Baden-Württembergs z. B. Kindern, Menschen mit Behinderung oder Menschen mit Migrationshintergrund auch jenseits des touristisch erlebbaren Wertes zu vermitteln?

Zur nachhaltigen und zukunftsgerichteten Weiterentwicklung der Kulturliegenschaften des Landes:

  1. Welche Strategie verfolgen die SSG, um die Wirtschaftlichkeit des Erhalts und der Nutzung der Kulturliegenschaften zu verbessern und diese somit nachhaltig für die Bewohnerinnen und Bewohner des Landes und seine Gäste zu sichern?
  2. Kooperieren die SSG mit Trägern öffentlicher Verkehrsmittel z. B. durch Kombitickets für Anreise und Eintritt oder streben sie sonstige Maßnahmen an, wie die Einrichtung von (E-)Shuttle-Bussen, Anpassung der Fahrpläne und Linienführung, um den Besuch der landeseigenen Kulturliegenschaften umweltverträglicher auszurichten?
  3. Planen die SSG die Anreise bzw. Erreichbarkeit per Fahrrad attraktiver zu gestalten, z. B. durch Radabstellanlagen und E-Bike-Ladesäulen für Radtouristinnen und Radtouristen?
  4. Haben die SSG die Möglichkeit, die eigenen oder verpachteten gastronomischen Betriebe z. B. durch eine Ausrichtung nach den Slow-Food-Kriterien oder durch Einkauf regionaler Lebensmittel nachhaltiger auszurichten?
  5. Was unternehmen die SSG, um die Bewirtschaftung der Kulturliegenschaften ökologischer auszurichten, z. B. in puncto Biodiversität der Anlagen und Pestizideinsatz bei der Grünflächengestaltung und -pflege sowie bei der Gebäudepflege?
  6. Verfügen die SSG über einen Masterplan für den Erhalt der Monumente, der die energetische Sanierung und den Einsatz von erneuerbaren Energiegewinnungsquellen für die  landeseigenen Kulturliegenschaften in Erwägung zieht?
  7. Welche Möglichkeiten sehen die SSG, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung nach der UN-Behindertenrechtskonvention bei der Weiterentwicklung der Erholungs-, Freizeit-, Bildungs- und kulturellen Angebote insbesondere im Hinblick auf die Zugänglichkeit baulicher Einrichtungen zu berücksichtigen?
  8. Plant das Land, die Kulturliegenschaften des Landes mithilfe von Digitalisierung bezüglich des Besuchserlebnisses aufzuwerten und auch virtuell – beispielsweise durch Online-Führungen – einem weiteren Personenkreis zu erschließen (z. B. Menschen mit Behinderung)?
  9. In welchem Maße stehen die den SSG zur Nutzung überlassenen Kulturliegenschaften auch für gesellschaftliche Anlässe wie Trauungen, Hochzeiten etc. zur Verfügung und planen sie, die Schlösser und Gärten stärker für eine solche Nutzung zu öffnen?

Begründung:

Im Besitz des Landes befinden sich zahlreiche kulturell und historisch bedeutsame Liegenschaften, die von mittelalterlichen Klöstern bis hin zu feudalen Schlössern wie Barockresidenzen reichen und sich über ganz Baden-Württemberg verteilen. Gemeinsam bilden sie einen baulichen Schatz, der zugleich Zeugnis von der wechselhaften Geschichte des Landes ablegt, die dessen heutigen Charakter entscheidend geprägt hat. Hieraus erwächst nicht nur die Verantwortung für den Erhalt der kulturgeschichtlich wertvollen Bauten, sondern auch dafür, deren künstlerisch-kulturelle und gesellschaftlich-geschichtliche Bedeutung den Menschen in Baden-Württemberg und den zahlreichen Gästen zu vermitteln, die das Land schätzen und besuchen. Aufgrund dieser vielfältigen Bezüge sind diese für einen Dreiklang aus pädagogischer, touristischer und künstlerischer Nutzung prädestiniert. Vor diesem Hintergrund ist es von besonderem Interesse, welche strategische Ausrichtung die Landesregierung für die landeseigenen Kulturliegenschaften verfolgt und in welchem Umfang sie bei deren Bewirtschaftung, Nutzung und Weiterentwicklung wichtige gesellschaftliche Fragestellungen der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit in Betracht zieht.