Seemann: Förderung der Geschlechtergleichstellung

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Seit Jahren geht es nun schon Schlag auf Schlag: eine globale Krise jagt die nächste – und jede von ihnen birgt Risiken und Folgen, die sich auf die Lebensrealität von Frauen in aller Regel anders auswirken als auf die von Männern.

Die drei großen Themen, die aktuell nicht nur Deutschland, sondern die ganze Welt beschäftigen, sind die Klimakrise, die COVID-19-Pandemie sowie die Flucht- und Migrationskrise.

Die Klimakrise

Schauen wir zuerst auf die Klimakrise – die grundlegende Herausforderung unserer Zeit. Wir Grünen stehen seit jeher für eine starke Klimapolitik: Wir setzen uns für eine schnelle Umstellung auf erneuerbare Energien, für Energieeffizienz und nachhaltige Mobilität ein – und wir werden nicht müde, die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit und einer gerechten Verteilung von Klimaschutzmaßnahmen zu betonen. „Gerecht“ bedeutet insbesondere geschlechtergerecht, denn die globalen Auswirkungen des Klimawandels auf Frauen sind komplex und vielschichtig.

Beispielhaft dafür 3 Punkte:

1. Arbeitsbedingungen

In vielen Berufen, die von den Auswirkungen der Klimakrise – etwa von Dürren oder Fluten – betroffen sind, arbeiten mehr Frauen als Männer.
Denken wir etwa an die Landwirtschaft. In vielen Ländern sind Frauen für die Nahrungsmittelversorgung und Wasser zuständig, und unterliegen damit einem höheren Druck bei Missernten und Klimaereignissen.

2. Bildungschancen

Wenn Familien gezwungen sind, aufgrund klimabedingter Krisen ihre Kinder aus der Schule zu nehmen, trifft es oft zuallererst die Mädchen, die im Durchschnitt ohnehin einen schlechteren Zugang zu Bildung haben als Jungen.

3. Klimamigration

Durch die höhere Gefährdung im Falle von Konflikten und auf Fluchtrouten sind Frauen von der Klimakrise deutlich stärker betroffen als Männer. Bleiben Frauen und Kinder zurück, steigt das Risiko, dass sie fortan vermehrt Armut und Gewalt ausgesetzt sind. Wir wollen eine Steigerung des Bewusstseins für die Geschlechterdimension des Klimawandels. Und wir wollen die Schaffung von mehr grünen Arbeitsplätzen für Frauen:
Die Umstellung auf eine nachhaltige Wirtschaft erfordert neue Fähigkeiten, Prozesse und Technologien. Indem wir Frauen gezielt in diese Entwicklung einbeziehen, können wir einerseits die geschlechtergerechtere Verteilung von Arbeitsplätzen vorantreiben und andererseits Frauen bei der Gründung innovativer Unternehmen und Projekte unterstützen. Für uns ist klar, Geschlechtergerechtigkeit und Klimaschutz können und müssen Hand in Hand gehen.

Die Pandemie

Lassen Sie uns nun auf die COVID-19-Pandemie blicken, die sich in vielfältiger Weise spezifisch auf Frauen ausgewirkt hat. Sie sind in systemrelevanten Berufen – etwa im Gesundheitswesen, in der Pflege, im Handel –überrepräsentiert und sie tragen die Hauptlast der unbezahlten Care-Arbeit. Das Ergebnis: Höheres Infektionsrisiko, größere Arbeitsbelastung, geringere Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit – und während der Lockdowns nahm auch noch die häusliche Gewalt zu.

Während der Lockdowns wurde vom Land einiges auf die Beine gestellt, um Frauen zu unterstützen wie beispielsweise eine Notbetreuung für Kinder, deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten oder die aus anderen Gründen Kinderbetreuung benötigten. Auch wurden zusätzliche Mittel für mobile Teams und Online-Angebote bereitgestellt, die Frauen im Fall von häuslicher und sexueller Gewalt unterstützen.

Chancen durch Krisen

Die Krise hat uns allen aber auch bislang ungenutzte Potenziale im Arbeitsalltag vor Augen geführt: Wir sehen, dass flexible Arbeitsbedingungen, Digitalisierung und Anerkennung unbezahlter Care-Arbeit dazu beitragen können, die Gleichstellung zu fördern und traditionelle Geschlechterrollen aufzubrechen – und dieses Wissen sollten wir nutzen, um insbesondere Frauen bei der individuellen Gestaltung ihres Arbeitsalltags zu unterstützen.

Zum Schluss noch ein Blick auf Flucht und Migration. Auch hier ist die Genderperspektive sinnvoll: Denn wenn wir die geschlechterspezifischen Auswirkungen der Krisen erst einmal identifiziert haben, können wir die Betroffenen effektiver unterstützen. Sichtbar ist, dass globale Krisen die Gleichstellung stark beeinträchtigen können. Gleichzeitig bergen sie aber auch eine große Chance – denn gerade diese Krisen können auch die Aufmerksamkeit auf bestehende Ungleichheiten lenken und die Notwendigkeit einer gerechteren Verteilung von Ressourcen und Möglichkeiten betonen. Diese Chance müssen wir gemeinsam ergreifen, denn Gleichstellung darf keine Schönwetterpolitik sein!